Weltreise

Weltreise – warum?

Atlan schreibt:
Als ich noch ein Jugendlicher in der Unterstufe des Gymnasiums war, hatte ich einerseits eine bemerkenswerte Geographielehrerin – sie hieß Kottnik. Andererseits kristallisierte sich bei mir schon meine weitere Lebensplanung heraus.
Die Kottnik war eine in mehrerer Hinsicht bemerkenswerte Lehrerin. Hin und wieder kleidete sich wie eine Alt-68gerin, war in ihrer Strenge weniger geführchtet wie andere Professoren, war in einem erstaunlichen Maß schusselig und war in der Lage uns Geographie aus erster Hand näher zu bringen. Vieles was sie uns lehrte wusste sie aus persöhnlicher Erfahrung weil sie selbst dort gewesen war. Sie war durchaus in der Lage eine Schulklasse von 36 Rabauken zu disziplieren, verlor aber z.B. irgendwann ihr Notizbuch mit allen Noten, weshalb dann alle im Zeugniss eine “3” stehen hatten.
Damals, noch zu Zeiten der Sovietunion, referierte sie einmal über Zentralasien, den Pamir, das Verganatal und ähnliches aus dieser Gegend. Sie zeigte uns ein Foto einer engen, gewundenen Schotterstraße quer durch ein Gebirge, auf welcher sich schwere LKW-Züge bewegten: den Pamirhighway. Der Gedanke dorthin zukommen zuckte durch meinen Kopf und blieb dort bis heute. Seit dieser Zeit sind Landkarten für mich ein Druckwerk, welches viel mehr als nur Geographie zeigt. Es sind vielmehr auf Papier abgebildete Träume von fernen Ländern, welche ich gerne besuchen würde. Wie mag es dort wohl sein? Wie mag es dort aussehen? Welche Abenteuer warten dort auf mich? Fernweh begann in mir zu keimen und hält mich immer fester im Griff je älter ich werde.
Meinen Lebensweg sah ich bald vor mir: Matura, Bundesheer, Studium, Heirat, Kinder, Hausbau und wenn die Kinder alt genug waren, wollte ich reisen – bis ans Ende der Welt.
Im Alter von 14 Jahren durfte ich zum ersten Mal ein Moped steuern. Es gehörte einem Freund von mir und war eine Art Erweckungserlebnis: Ich wollte auch eines haben. Für meine Eltern war aber die die Vorstellung von mir auf einem motorisierten Zweirad ein Gott-sei-bei-uns. Ihre Entscheidung: “Auf gar keinen Fall”. Ich aber hatte bereits damals die Tendenz sehr ausdauernd meine Pläne und Wünsche zu verfolgen. Über mehrere Jahre hinweg sparte ich alles Geld und hatte im Alter von 19 Jahren eine recht ansehnliche Summe von 16.000 Schilling angespart. Den endgültigen Ausschlag, dass ich unbedingt ein Motorrad haben wollte, mehr als alles Andere in meinem Leben, gab dann mein Motorradführerscheintraining. Ich kann heute noch auf den Meter genau angeben, wo ich auf der Strasse zwischen ELSBETHEN und OBERALM den Entschluss fasste: “Ich will eine Motorrad haben – unbedingt”.
Beim Auto- und Motorradhändler FORD-Schmidt in der Neutorstraße in SALZBURG stand schliesslich eine HONDA CB500 FOUR mit Bj. 1976 in der Auslage um 20.000 Schilling. Ich hatte bereits Helm und Handschuhe und dann erbarmte sich mein Vater und legte die restlichen 4.000 Schilling drauf inkl. der erstern Versicherungsprämie. Die ersten 1.000km zügelte ich mich enorm und fuhr sehr vorsichtig. Ich war mir der Gefährlichkeit schon sehr bewusst. Die CB-500 FOUR begleitete mich dann noch viele Jahre und steht heute noch als Wrack in der Tiefgarage. Auf dem Motorrad fühlte ich mich wie der König der Welt.
Im letzten Jahr vor der Matura machte ich mehrere Ausfahrten mit einem Schulkollegen und Freund. Er hatte sich eine Kiste voller Teile gekauft, welche am Ende eine kleine 350ger DUCATI ergaben. Als wir uns nach den Ferien in der 8. Klasse wieder trafen schwärmte er mir vor, wie es war durch die DOLOMITEN zu fahren und wieviele Spitzkehren es am Joch PORDOI gab. Das wollte ich unbedingt auch haben, konnte mir aber die Seitenkoffer fürs Gepäck nicht leisten. So blieb dieser Traum für die folgenden Jahrzenhte unrealisiert. Die CB-500 schenkte mir viele schöne Erlebnisse aber irgendwann war sie nur noch ein Schrotthaufen und es was klar, dass ich sie niemals durch die §57a-Überprüfung bringen würde ohne enorm viel Geld, welches ich nicht hatte, in Reparaturen zu investieren. Als Schrott hätte ich nur ein paar Schillinge bekommen also entschied ich mich sie in die Garage meiner Eltern zu stellen um sie irgendwann komplett auseinander zu nehmen und vollständig als Oltimer zu restaurieren. Für kurze Zeit hatte ich dann noch eine KAWASAKI Z750 aber die behagte mir nicht.
Meine Reisephantasien umfassten seine Rundreise um das Mittelmeer. Einmal linksrum und einmal rechtsrum mit dem italienischen Stiefel als Mittelpunkt. Die politische Entwicklung in den Magreb-Staaten machten mir aber klar, dass dies niemals zu realisieren wäre.
In den folgenden 20 Jahren unternahm ich mehrere Versuche die CB-500 auf Vordermann zu bringen und Ende Mai 2009 war es dann endlich so weit: Ich konnte endlich in die DOLOMITEN fahren und den Kurvenwahnsinn des JOCH PORDOI erleben. Bei der Abfahrt kam ich an einem Aussichtspunkt vorbei, blieb stehen und genoss die unfassbar schöne Sicht auf die Berge in der Umgebung. Es war der 1 Juni, der Schnee lag noch in höheren Lagen und der Himmel war wolkenlos. Ich hatte Tränen in den Augen aus dreierlei Gründen.

  • Ich war dankbar etwas so schönes sehen zu dürfen
  • Ich war tief traurig weil ich mit Niemanden diesen Augenblick teilen konnte. Die führte dazu, dass ich in meinem ganzen restlichen Motorradleben, kaum noch eine Ausfahrt allein machte.
  • Mir wurde klar, dass ich das schon viel früher haben hätte können. Eine Sporttasche mit Gummizügen auf den Rücksitz geschnallt hätte es auch getan.

Die CB-500 war aber noch nicht fertig und so führte ich die restlichen Reparaturen aus um im Jahr 2010 das Bike zu einer auf Oldtimermotorräder spezialisierten Werkstatt zu geben um saie vollständig durchchecken zu lassen und die Reifen zu wechseln. Schwesterherz fuhr mit ihrer Tochter jeden Sommer nach PESCHICI am Sporn von ITALIEN um dort zu campen und lud mich ein es ihr Gleich zu tun. Mein Sohn solle ebenfalls mitkommen. Lange Geschichte kurze erzählt: Die Werkstatt hatte bei Reifenwechsel einen schweren Fehler gemacht und ich hatte mit Schwesterherz am Rücksitz am 28. August 2010 gegen ca. 14:00 Uhr 2km vor SAN GIOVANNI ROTONDO eine Reifenplatzer vorne bei 60 km/h. Ich landete im dortigen Krankenhaus und lag dort 3 Wochen im Koma. Wieder zuhause drohte mir meine ganze Familie schreckliches an, sollte ich je wieder auf ein Motorrad steigen. Bis auf eine große Narbe am Bauch gesundete ich glücklicherweise vollständig was im Jahr 2015, als ich im Zuge einer Reise wieder bei SAN GIOVANNI ROTONDO vorbeikam den behandelnden Primararzt mit dem melodischen Namen Dottore Eduardo DiLauro, zur Äusserung verleitete “Its a wonder!”.
Ich lernte dann im Jahr 2011 eine entzückende Frau kennen, mit der ich dann eine längere Partnerschaft hatte die aber dann leider in die Brüche ging. Ich erzählte ihr von meinen Träumen und sie meinte, dass sie vor langer Zeit einmal als Beifahrerin mitgefahren wäre und es ihr sehr gefallen hätte.
Wir verabredeten uns deshalb, ein Motorrad auszuleihen und zu den 3 Zinnen nach SÜDTIROL zu fahren. Wir unternahmen diese 4-tägige Reise mit einer ausgeliehenen HONDA GOLDWING und es war eine Art Urknall des Motorradreisens. Besuche von Reisefestvals, einschlägige Dokumentationen und Videos von Reisen in ferne Länder und das Lesen von Büchern geschrieben von Leuten, die solche Reisen schon unternommen hatten taten dann ihr übriges. Im Herbst 2011 kauften wir eine HONDA-TRANSALP 700 XL. Herausragende Eigenschaft war, dass wir beiden darauf gut und bequem sitzen konnten. Die Familie reduzierte ihre Drohung resignierend auf die Forderung, dass ich niemals wieder auf ein altes Bike steigen dürfte. Das nahm ich mir zu Herzen und fahre seit damals nur noch up-2-date Technik.
Im späten Frühjahr 2012 unternahmen meine Freundin und ich dann zuerst eine 1-wöchige Reise durch ÖSTERREICH und im Sommer dann eine 2,5 wöchige Reise durch ÖSTERREICH und SÜDTIROL. Danach schlug ich etwas vor, was unerhört klang: Eine 1-monatige Reise über die ROUTES-GRANDES-ALPES und angrenzende Gebiete im Jahr 2013 quer durch ITALIEN, FRANKREICH, SCHWEIZ, LICHTENSTEIN und dann zurück nach ÖSTERREICH. Der Unglauben, dass sowas überhaupt machbar wäre war groß aber schlussendlich wurde es einer der schönsten Reisen meines Lebens. Der Urlaub der nächsten Jahre war daraufhin vorgezeichnet: Wir trieben uns auf der TRANSALP (Spitzname TRANSE) in ganz EUROPA herum und es war jedes Jahr ein unfassbar schönes Erlebnis. Für mich war klar: Diese Reisen sind nur das Preludium für eine Weltreise mit dem Motorrad.
Auf der Rückreise von den PYRENÄEN 2017 fuhren wir einmal in FRANKREICH auf einer breit ausgebauten Strasse hinter einer Kolonne von LKWs her. Der Diesel-Skandal war in aller Munde und wir bekamen das Problem gerade in unseren Lungen zu spüren. Wenn es möglich war überholte ich, aber mit all dem Gepäck und 2 Personen musste ich die arme TRANSALP in einem niedrigen Gang beinahe bis zum Brennschluss auf über 7000UpM hochdrehen um auch nur einen einzigen LKW überholen zu können. Wir brauchten mehr Power! 2018 probierten wir eine BMW 1200 GS aus, aber der Motor war mir viel zu ruppig. Als ich 2019 die BMW R1250GS Adventure testen durfte wusste ich bereits nach 200m Fahrt: “Die ist es”. Unter Mithilfe der Ehefrau eines Freundes konnte ich dann einen erheblichen Rabatt bekommen und kaufte im Spätsommer 2019 das Bike, welches später auf den Namen SOL getauft wurde. Als es geliefert wurde waren wir gerade auf KORSIKA. Ich durfte die SOL 6 Monate über den Winter nicht benutzen und dann kam die COVID-Pandemie wo alle Anmeldebüros geschlossen waren. Ich nahm mir im Mai 2020 ein Wechselkennzeichen und fahre seitdem mit der SOL auf längeren Strecken und mit der TRANSALP in WIEN und Umgebung. Mittlerweile (September 2025) hat die TRANSALP 113000 km auf dem Buckel und fährt immer noch einwandfrei.
2022 lernte ich dann Mara kennen. Wir unterhielten uns seine Weile und als ich ihr von meinen Weltreiseplänen erzählte meinte sie ohne nachzudenken in voller Inbrunst: “Da will ich mitfahren”. Mich durchzuckte es wie ein Blitz: “Das ist mein Mädchen!”. Auf einer Reise durch FRANKREICH fragte ich dann schüchtern, ob, für den theoretischen Fall, dass sie tatsächlich mitkommen würde, sie auf der SOL als Beifahrerin mitfahren würde oder ein eigenes Bike benutzen würde. Ohne nachzudenken meinte sie “Mit einem eigenen Motorrad”. Damit hatte sie allerdings 2 Probleme: Sie hatte kein Bike und besahs zwar einen Führerschein seit sie 18 war, hatte aber nach ihrer Führerscheinprüfung nie wieder ein Motorrad gesteuert. Beides lies sich mit Geld und viel Geduld korrigieren.
Im Jahr 2024 sollte eine Motorradrerise ans NORDKAP eine Art Generalprobe werden aber kurz vor der Abfahrt beschlossen wir, doch nicht mit 2 Motorrädern zu fahren, da Mara mit ihren Fahrkünsten einfach noch nicht so weit war.
Im Jahr 2025 hatte wir dann alle Ausrüstung beisammen und testeten diese auf einer 3-wöchigen Reise durch die PYRENÄEN.
Um meine Motivation in einem Satz zusammenzufassen: Ich geniese es mit dem Motorrad fremde Länder zu erkunden und es ist die einzige Möglichkeit in meinem Leben alle Wunder dieser Welt zu besuchen.
Als ich Mara fragte warum sie die Reise machen will, führte das zunächst zu einem Nachdenkprozess. Dann meinte sie, dass sie ohne mich niemals auf die Idee gekommen wäre aber insgesamt:

  • Neugier auf die Ferne
  • Es ist ein Schritt in ihrer Persönlichkeitsentwicklung auf den sie sich mit einem aktiven “JA” einlässt
  • Eine Abenteuerlust, welche sich nur selten zu zeigen getraut
    Weil es gerade passt – weil es das Beste ist, was sie in diesem Lebenabschnitt machen kann. Das Alter, die finanzielle Situation, die Gesundheit, die berufliche Situation usw. erlauben das und es ist das Beste was sie daraus machen kann. Etwas Besseres würde ihr nicht einfallen.

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