Tag 16 – Prades – alte Stadt in den Pyrenées Orientales
Die Nacht im Zelt war sehr heiß. Atlan hatte sogar das Moskitonetz aufgemacht, um für mehr Kühlung zu sorgen. Glücklicherweise war es auch den Moskitos zu heiß. 😉
Die große Hitzewelle hatte hier in der Gegend für Waldbrände gesorgt. Einer davon konnte erst nach mehreren Tagen unter Kontrolle gebracht werden. Die Nachrichten waren täglich voll von Berichten darüber. Die Brände sind gelöscht und wir sind sicher hier, doch heiß ist es weiterhin.
Kurz vor neun spaziere ich gut eingecremt und mit Sonnenhut auf dem Kopf in das Stadtzentrum auf der Suche nach Essbarem für das Frühstück. Über eine Stiege gelange ich hinauf zu kleinen Gassen, die ins Zentrum führen. Links und rechts sind Rinnen, in denen das Wasser abfließen kann. Trotz der Hitze sind einige der Rinnen nass.

Auf dem Platz vor der Kirche herrscht reges Treiben: Es ist Markttag und die Händler bieten regionale Produkte an. Ein typischer französischer Markt mit Gemüse und Früchten, Brot, Käse, Honig, Marmelade, diversen Spirituosen aus eigener Produktion und kleinen handgemachten Dingen. Lavendel selbstverständlich ebenso, der darf in Frankreich nie fehlen. Genüsslich schlendere ich von Stand zu Stand und setze dann meine Stadterkundung fort.

Gegenüber der Mairie finde ich ein Brillengeschäft und ich habe Glück: Eine freundliche Angestellte kümmert sich um meine verbogene Brille, sodass ich endlich wieder normal damit schauen kann. Der Sturz in Ax-les-Thermes sowie der schlecht sitzende Sturzhelm hatten dazu geführt, dass die Bügel total verbogen waren. Nun ist sie wieder in gutem Zustand und mit etwas Glück hält sie die nächste Woche auf dem Weg bis Barcelona durch.
Ein schattiger Platz im Café lockt mich an und ich gönne mir einen Capuccino, bevor ich im Supermarkt Schinken und Käse fürs Frühstück einkaufe. Und natürlich frische Croissants 🙂

Zurück am Campingplatz wird erstmal das Tarp aufgebaut und dann der Seitenkoffer behelfsmäßig repariert. Wobei sich das Schloss hier für uns als irreparabel herausstellt: Ein Kunststoffteil ist abgebrochen. Atlan fixiert den Verschluss mit Duck Tape, sodas er einerseits zu ist und andererseits der Koffer nicht versehentlich hier geöffnet wird.

Am späten Nachmittag machen wir noch eine Ausfahrt mit SOL. Wir fahren das wunderschöne Têt-Tal hinauf bis zur Passhöhe. In Mont-Louis fahren wir durch das Tor in die Citadelle de Mont-Louis und klettern dort auf den Befestigungsmauern herum. Die Aussicht in das Tal der Têt ist atemberaubend.
Auf dem Rückweg gönnen wir uns noch einen Fotostopp für die wunderschöne Pont Gisclard. Sie spannt sich über das Tal der Têt und ist ein besonders imposantes Bauwerk auf der Strecke der gelben Bahn – „Le Train Jaune“ bzw. die „Ligne de Cerdagne“ wurde gebaut, um die Infrastruktur hier im Süden Frankreichs zu verbessern. Sie ist eine elektrisch betriebene Schmalspur-Gebirgsbahn, die sich hinaufschlängelt bis auf 1.592 m und nach 62,5 km im französischen Grenzbahnhof Latour-de-Carol – Enveitg Anknüpfung nach Toulouse und Barcelona bietet. Gestern auf dem Weg zum Col de Puymorens sind wir an diesem Bahnhof vorbeigefahren ohne zu ahnen, dass hier 3 Bahnstrecken mit 3 unterschiedliche Spurbreiten aufeinandertreffen: Die französische Normalspurahn von Toulouse kommend, die spanische Breistpurbahn aus Barcelona kommend und die Schmalspurbahn durch das Tal der Têt.

Die Aussicht auf die Brücke ist ideal, ein Ort zum Stehenbleiben für schwere Motorräder ist es eher nicht: Bis Atlan einen halbwegs passenden Platz zum Aufsteigen für mich gefunden hat, laufe ich der SOL hinterher 😉
Ein Blick auf den Tacho zeigt mir, das Atlan die Strecke hinunter nur unwesentlich schneller fährt als ich das gestern Abend im erschöpften Zustand gefahren bin. Das bringt mir etwas von meinem verlorenen gegangenen Selbstvertrauen zurück.
Abends wird auf dem Zeltplatz gekocht. Die Bedienung des Benzinkochers ist auch diesmal eine Herausforderung. Wir achten penibel darauf, nicht alles in Brand zu setzen. Die Kocherei mit dem Ding verursacht mir Stress und ich stelle erneut infrage, ob wir das überhaupt benötigen auf der Weltreise.

Wir lassen uns die Spaghetti schmecken und gönnen uns ein Glas Rotwein dazu und ziehen Bilanz, was wir alles weglassen wollen auf unserer großen Reise.

unsere Tagesetappe: 74 km


