Tag 14 – Mutprobe
Mara hat sich was besonderes gewünscht: Es gibt in ANDORRA die „Pont Tibetà Canillo“, eine Hängebrücke nur für Fußgänger, welche über 600 Meter lang ist, praktisch nur aus Stahlseilen besteht und wo es an der höchsten Stelle mehr als 150 Meter in die Tiefe geht. Diese Attraktion gibt es erst seit 2022 und Mara hat bereits für uns Tickets übers Internet gekauft. Nach dem Frühstück im Hotel setzen wir uns auf die SOL und fahren nach CANILLO, wo wir erst einmal einen Parkplatz finden müssen. Es gibt dort einen Automaten für Parktickets, aber der wird von Allen ignoriert. Ergo stellen wir auch wir die SOL ohne Parkticket dort ab und verpacken unsere Motorradklamotten in einen IKEA-Sack, der mit einem Stahlnetz gesichert ist. Anschließend müssen wir in der Hitze auf einen Zubringerbus warten, der uns dann irgendwo am Berg aussteigen lässt. Wir gehen erstmal die breite Schotterstraße immer weiter den Berg hinauf und haben dabei eine wunderschöne Aussicht auf das Tal von ANDORRA. Als wir schließlich bei der Brücke ankommen, sehen wir, dass es ein reges Kommen und Gehen über der Brücke gibt und wollen ebenfalls drüber gehen.
Für mich ereignet sich allerdings etwas extrem Ungewöhnliches: nach ca. 50 Meter hat mich die Höhenangst so im Griff, dass ich keinen Schritt weiter gehen kann. Das ist insofern für mich sehr ungewohnt, als ich hier zum ersten Mal in meinem Leben (oder zumindest soweit ich mich zurückerinnern kann) tatsächlich lähmende Angst empfinde. Als Person, welche von Natur aus nur wenig bis gar keine Angst empfinden kann und wenn ja, dann nur in echten Extremsituationen ein wirklich erstaunliches Erlebnis. Ich muss zurückgehen, kann das Ganze aber erst garnicht glauben. (Gedanke: „Das gibts doch nicht – Was passiert hier mit mir? Was ist hier los?“) Also probiere ich es abermals. So nach dem 4. oder 5. Mal bin ich dann immerhin schon ca. 150 Meter weit gekommen, aber dann frischt der Wind auf und versetzt die ganze Brücke in Schwingung – und dann gebe ich um eine wichtige Erkenntnis reicher auf. Ich kann jetzt zum ersten Mal nachempfinden, wie sich MARA am Anfang ihres Motorradtrainings gefühlt hat. Ich erinnere mich an ein Foto am PREIKESTOLEN im Jahr 2024 in NORWEGEN. Auch dort hatte ich Hemmungen bis zum Rand zu gehen, hab das dann allerdings verdrängt und vergessen.

MARA geht es ähnlich: Auch sie muss nach wenigen Metern kapitulieren und versucht es ebenfalls mehrfach. Am Ende kommt sie dann sogar noch einige Meter weiter als ich. Extrem irritiert frage ich mich, wie es die vielen anderen Erwachsenen und Kinder fertigbringen, sich so zwanglos über die Brücke bewegen zu können. Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich etwas nicht machen kann, weil ich Angst empfinden.

Mara und ich geben auf und gehen langsam wieder den Weg hinunter. Dabei kommen wir an einem kleinen Imbisstand vorbei, bei welchem wir uns eine Coke und einen Vormittagskaffee gönnen. Beim Rückmarsch zur Busstation kommen wir an einer Gruppe von kleinen Kindern vorbei, welche offenbar Wandertag haben und im Schatten eines Baumes gerade Pause machen. Supersüß zum Anschauen.

Mara und ich besuchen dann noch den „Mirador Roc Del Quer“ – eine Stahlterasse hinausgebaut über einen Abgrund auf dem Weg hinauf zum COLL D´ORDINO. Die Aussicht, welche sich uns bietet, ist atemberaubend.


Wir genießen dann die Fahrt über den kurvigen COLL D´ORDINO und fahren dann zurück zum Hotel. Dort beginnen wir zu packen, denn morgen geht es weiter nach PRADES wo wir unsere Campingausrüstung austesten wollen. Am Abend gibt’s dann noch im Hotel Abendessen, so wie gestern, in lauter und turbulenter Umgebung.

Zurück in unserem Zimmer genießen wir das Privileg der tollen Aussicht über die Stadt bei einem Glas Wein.



unsere Tagesetappe: 34 km


