
Auf in die Berge
Frühstück in der Cafeteria beim Bahnhof, dann die Sachen holen und ein Taxi rufen. Im Regen fahren wir zur Spedition, wo SOL und KIRA gut verschnürt auf Transportgestellen im hintersten Bereich des Lagers auf uns warten. Eine Stunde mögen wir uns gedulden bittet uns die Dame beim Büro des Lagers und steigt dann auch selber auf einen Hubstapler, um die Berge von neu hinzugekommenen Frachtgütern zu rangieren.
Ein Staplerfahrer nickt uns freudig zu und bedeutet uns auf Spanisch, dass er für uns zuständig ist. Er wird unsere Bikes freiräumen, es dauert nur noch ein Bisschen. Stolz zeigt er uns ein Foto von seinem Motorrad, mit dem er wohl Rennen fährt. Oder so – irgendwas Wendiges und Schnelles meine ich zu verstehen. Meine KIRA gefällt ihm, Atlans SOL ist ihm zu groß und schwer.

Wir verbringen die Wartezeit mit Umziehen und Umpacken. Schließlich sind beide Motorräder ausgepackt und KIRA springt mit Starthilfe an. Das Navi hat sich bereits mit dem Handy gekoppelt und alle vorbereiteten Routen befinden sich nun auf dem Gerät. Die Tour 01 laden und nun beginnt das Abenteuer so richtig.
Erstmal will eine Tankstelle aufgesucht werden. Noch recht ungeschickt im Timing machen wir das nicht als erstes sondern entscheiden uns für die Tankstellensuche nachdem wir bereits aus der Stadt draußen sind. Die nächstgelegene Tankstelle entlang der Route liegt gar nicht entlang der Route sondern führt uns zurück zum Meer. Okay, nächstes Mal gleich zu Beginn um volle Tanks kümmern – das steigert das Vergügen beträchtlich.
Für mich als noch immer Anfängerin – gradmal 4.000 km Erfahrung hab ich in den 2,5 Jahren bisher gesammelt – ist das Anspannung pur: In fremder Umgebung im dichten Montagsverkehr benötigen wir zwei Anläufe um die Zufahrt zur Tankstelle zu finden. Einmal Volltanken für KIRA und SOL und alle Reservekanister füllen. Knapp 47 l macht das in Summe, ganz schön viel.
Atlan besorgt noch Trinkwasser, wir füllen damit unsere Flaschen. Und nun geht es tatsächlich ab in die Berge. Auf nahezu leeren Straßen freunden wir uns mit der Landschaft an. Auf der französischen Seite touren wir von Meereshöhe mit unseren Bikes rauf und queren hinüber nach Spanien.

Dort klettern wir hinauf bis auf knapp über 500 m und nach einer späten Mittagsrast bis knapp unter 1.000 m. Kurz vor 16 Uhr kommen wir zurück nach Frankreich und fahren das Tal hinunter bis nach Saint-Étienne-de-Baïgorry.
Auf schmalen kurvigen Straßen schrauben wir uns hinauf auf eine Reihe von Pässen. Vorbei an grasenden Pferden und Kühen ist einfach im Vergleich zum Passieren unzähliger Schafe.

Letztere springen ab und an unvermittelt direkt vor uns auf die Straße. Mit viel Geduld und Abstand kommen wir langsam voran.

Der Col Burdincurutcheta mit seinen 1.135 m im Nieselregen bringt mich an meine Grenzen. Eine Spitzkehre nicht entschlossen genug bewältigt und beim Stehenbleiben dann umgefallen. Atlan eilt mir zuhilfe und bringt mich und KIRA hinauf auf die Passhöhe. Beim Anfahren mache ich Bekanntschaft mit wegrutschendem Hinterrad. Fast hätte ich KIRA auf die Straße bekommen, doch die Unerfahrenheit verlangt ihren Tribut: Mein Bike rutscht in den Straßengraben nachdem ich es losgelassen hatte. Mit Unterstützung hilfsbereiter Autofahrer fährt Atlan es aus dem Graben heraus und bringt es über die Wiese zurück auf die Straße. Er ist ein wahrer Enduro-Künstler.

Die Aussicht hier oben ist grandios, am liebsten möchte ich bleiben. So erschöpft bin ich und wir haben noch so einen langen Weg vor uns.

Langsam und vorsichtig taste ich mich voran. Vorbei an den Chalets d’Iraty weiter zum Col Bagargui, der mit seinen 1.330 m eingehüllt in Wolken ist. Unten im Tal liegt mit Larrau unser ursprünglich als Etappenziel angepeilter Ort. Doch Quartiere sind nicht unzählige verfügbar und wir haben noch gut 20 km bis Montory vor uns.
Erschöpft von der heutigen viel zu anstrengenden Etappe kommen wir um kurz nach acht bei unserer Unterkunft an. Sie haben ein Abendessen für uns eingeplant und wir nehmen die Möglichkeit gerne in Anspruch. Rasch alle Sachen aufs Zimmer getragen und frisch geduscht sitzen wir knapp vor Küchenschluss im Restaurant und lassen den Tag Revue passieren.

Gazpacho und Salat mit Entenmagen, dann Confit de Canard und zum Schluss einen Baskischen Mandelkuchen. Leider bleibt mehr als die Hälfte davon übrig – ich platze sonst 🙃
Morgen geht es wieder hinüber nach Spanien und zurück und abends sind wir zu Gast bei Brigitte, einer lieben Freundin aus beruflicher Vergangenheit.
