
Tag 32 – Beginn der Heimreise
Die Welt ist ein Buch und diejenigen, die nicht reisen, lesen nur eine Seite.
Augustinus Aurelius
Heute ist bestes Reisewetter. Unser heutiges Tagesziel sind das SÜDKAP, der südlichste Punkt NORWEGENs und KRISTENSAND, wo wir übernachten werden. Mara bereitet ein Frühstück in der Gemeinschaftsküche im Stockwerk oberhalb zu, während Atlan fleißig beginnt alle Gepäckstücke zu Fuß runterzutragen und aufzuladen. Wir gehen uns gegenseitig zur Hand und jeder Handgriff sitzt. Während Atlan die letzten Gepäckstücke hinunterträgt, stellt Mara wieder die Betten so hin wie sie waren als wir ankamen.
Mara nimmt sich wieder Atlans Handy und steuert die SOL durch das Labyrinth der Straßen vor STAVANGER. Wir landen schließlich auf der Straße Nr. 44. Bei wenig bis gar keinem Verkehr tuckern wir der Küste entlang und durch hügelige Landschaften. Die Umgebung ist spektakulär. Der Untergrund besteht hier aus Granit und die Straße windet sich in endlosen Mäandern durch die Hügel.

Am JOSSINGFJORD machen wir kurz Halt und Atlan trinkt einen Kaffee. Uns steckt immer noch die Kletteraktion von gestern in den Knochen. Der JOSSINGFJORD hat für NORWEGEN eine besondere Bedeutung. NORWEGEN war anfangs im 2. WK neutral wurde aber dann von Nazi-DEUTSCHLAND überfallen. Eine der Episoden spielte sich hier in diesem engen Fjord ab, denn das deutsche Versorgungsschiff „Altmark“ hatte eine Menge Kriegsgefangene an Bord, hatte dies aber den Norwegern verschwiegen. Schlussendlich wurden die alliierten Soldaten von der britischen Kriegsmarine befreit, welche die „Altmark“ entdeckten und eroberten. Atlan erklärt dabei die Rolle der „Altmark“ und das eng damit verbundene Schicksal des deutschen Panzerkreuzers „Admiral Graf Spee“.
Die großartige Straße endet in FLEKKEFJORD und geht in eine gut ausgebaute Überlandstraße über, der E39. Bei LYNGDAL verfahren wir uns kurz, kommen aber schnell dahinter, dass wir falsch sind, und können bald umkehren. Mara geht in LYNGDAL in einen Supermarkt und kauft einen Fruchtsaft, da unser Getränkevorrad mittlerweile zur Neige gegangen ist.
Der Tank der SOL leert sich bedenklich und zeigt bereits die Reservewarnung, aber Atlan will auf eine billige Tankstelle warten. Außerdem glaubt er, dass der Sprit noch fast bis KRISTENSAND reichen wird.
Die Straße nach LINDESNES erweist sich aber als enorm kurvig, eng und hügelig, was den Spritverbrauch sprunghaft in die Höhe treibt. Als wir schließlich in SPANGEREIT eine Tankstelle sehen, bittet Mara mich inständig hier nachzutanken.

Angekommen in LINDESNES parken wir unsere SOL ordentlich und gehen zu Fuß zum Leuchtturm. Wir lösen sogar Tickets für uns, denn der Erlös wird zum Erhalt der dortigen Bauwerke verwendet. Rings um den Leuchtturm sieht man noch alte, gemauerte Verteidigungsstellungen und betonierte Fundamente von mächtigen Küstengeschützen. Mara ist etwas unsicher die steile Stiege im Leuchtturm hochzuklettern, um dann auf einen gitterartigen Eisenboden zu stehen, durch den man nach unten durchsehen kann. Für Atlan geht hier die Reise zu Ende, denn ab jetzt geht es nur noch darum nach Hause zu kommen. Das stimmt ihn traurig und nachdenklich über die vielen wunderschönen Erlebnisse der letzten Wochen.

Als er langsam zur SOL zurückgeht gehen an ihm ein paar eben angekommenen deutschen Bikern vorbei. Eine Frau in Lederdress fragt ihn (wir sind vielleicht 100 Meter vom Leuchtturm entfernt) ob es sich lohnen würde diesen zu besichtigen. Atlan antwortet, dass es unwichtig wäre, ob er spektakulär ist oder nicht. Er ist der südlichste Punkt NORWEGENs. Was zählt ist, dass man dort gewesen ist.
Die Frau fragt nochmals, ob es sich lohnen würde den Hügel zum Leuchtturm hinaufzugehen und Atlan antworte schulterzuckend: „Naja, es ist ein Leuchtturm eben“. Der Mann neben der Frau fängt laut zu lachen an und meint nur „Ja, genau“.

Später läuft Atlan einem Deutschen in die Arme, der offenbar sehr mitteilungsbedürftig ist und sich sofort darüber beschwert, dass es hier nur 1 WC gibt. Er kaut ihm regelrecht ein Ohr ab. Als andere Biker dazukommen, redet der Typ auch mit denen und Atlan nimmt die Gelegenheit beim Schopf sich freundlich aus dem Staub zu machen.
Still und in uns gekehrt fahren wir weiter Richtung VIGELAND, wo wir auf eine Autobahn einbiegen. Es ist die Erste, welche wir in NORWEGEN sehen. Wenig überraschend: Auch hier ist nur wenig Verkehr und wir sind sogar längere Zeit allein auf der Autobahn. Es gibt nicht einmal Verkehr auf der Gegenfahrbahn. Da diese ziemlich ungewöhnlich ist, nehmen wir das sogar mit der GoPro auf. Mit 80 km/h und Tempomat erreichen wir KRISTENSAND.
Mara will zuerst den Fährhafen erkunden, um die Verhältnisse dort zu kennen. Das ist wichtig, weil wir morgen gleich in der Früh an Bord der Fähre nach HIRTSHALS fahren müssen.
Danach versuchen wir die Unterkunft für die kommende Nacht zu finden. In einer steilen Nebenstraße machen wir Halt und Mara geht zu Fuß auf die Suche nach der richtigen Adresse. Die ist aber glücklicherweise nur 30 Meter entfernt. Nachdem wir den Schlüssel bekommen haben, stellt sich heraus, dass dies eine überkomplett und stylisch eingerichtete Wohnung ist und die Besitzerin im selben Haus wohnt. Etwas gewöhnungsbedürftig sind die verschlossenen Glastüren in andere Teile des Hauses, welche nur durch blickdichte Vorhänge echte Privatheit erlauben.
Für Atlan wird es dann noch eine Herausforderung rückwärts mit vollem Gepäck in die Hauseinfahrt, bzw. deren Terrasse einzuparken.

Mara verhandelt mit der Besitzerin, dass der Ausgang von der Terrasse, wo die SOL steht, nicht zugeparkt werden soll, da wir am nächsten Tag sehr zeitig abreisen müssen, um unsere Fähre zu erreichen.

Mara geht noch Tiefkühlpizza kaufen während Atlan sich kurz mal ins Bett vertrollt. Dann bereitet sie noch das Abendessen zu und wir gehen bald schlafen, um für morgen fit zu sein.


südlichster Punkt NORWEGENS


