2024,  Fjordnorwegen,  Motorrad-Touren,  Tourentagebuch Nordkap-Tour 2024

Tag 26 – DALSNIBBA und STRYNEFJELLET

Wir haben die Erde von unseren Eltern nicht geerbt, sondern wir haben sie von unseren Kindern nur geliehen.

Indianische Lebensweisheit

Als wir gestern nach GEIRANGER kamen, hatten wir die richtige Abzweigung zu unserer Unterkunft verpasst und waren weitergefahren. Wir bemerkten den Irrtum zwar augenblicklich konnten aber erst weiter oben wieder umdrehen. Diese Straße wollen wir heute erkunden. Wir hatten sie auch schon zuhause auf der Wandkarte als Ziel eingezeichnet. So gegen 11:00 Uhr fahren wir los und es wird sofort spektakulär. Es geht ohne Unterlass bergauf und Kurve reiht sich an Kurve und Spitzkehr an Spitzkehre. Leider ist Atlan mit dem Lenken der SOL viel zu beschäftigt, als dass er die Aussichten auf die Landschaft um uns herum genießen könnte. Wir sind schon auf über 1000m Seehöhe angelangt und über der Baumgrenze, als wir eine Abzweigung links sehen. Kurzentschlossen fahren wir da hinein und können den bisherigen 18 Spitzkehren noch weitere 11 hinzufügen, bis wir ganz oben auf einem großen schräg abfallenden Parkplatz ankommen, der sich offensichtlich am höchsten Punkt des Berges befindet. Dort parken sich auch Wohnmobile und Großraumbusse ein. Atlan hat ob der schiefen Ebene wie immer in solchen Situationen etwas Schwierigkeiten die richtige Position für die SOL zu finden, sodass sie am Seitenständer abgestellt nicht Gefahr läuft umzufallen.

Wir sind am DALSNIBBA angekommen, einem phänomenalen Aussichtspunkt, von dem aus wir über die angrenzenden Berge hinweg und auch bis hinunter nach GEIRANGER sehen können.

Mara ist ein wenig mulmig zumute, denn Teil dieses Aussichtspunktes ist ein dickes Stahlgitter, mit Geländer, durch das man in die Leere unterhalb sehen kann. Es ist ein wenig windig und kühl hier oben. Ein alter Mann fängt mit mir zu reden an. Er ist mittlerweile über 80 und ist früher auch Motorrad gefahren. Seine Frau bekam Probleme mit ihren Füßen und konnte sich dann irgendwann nur noch im Rollstuhl fortbewegen. Das war dann das Ende seiner Motorradkarriere. Wir machen viele Fotos und können uns kaum von dieser fantastischen Aussicht losreißen.

Es gibt eine Art Bilderrahmen und ein Ehepaar bittet uns, sie mittels ihres Handys darin zu fotografieren. Machen wir doch gerne – und werden dann ebenfalls im Bilderrahmen abgelichtet. Es gibt auch einen großen Souveniershop der aber leider weder Sticker noch Patches von DALSNIBBA hat. Dafür finden wir hier die Mitbringsel für Florian und Ruth.

Als wir wieder hinunter zur Hauptstraße fahren, fahren wir einfach in der ursprünglichen Richtung weiter, denn wir haben auf GOOGLE-Streetview eine tolle Straße gefunden, welche z.T. sogar eine Schotterstraße sein soll. Es dauert aber ein wenig bis wir zur entsprechenden Abzweigung kommen. Bis dahin fahren wir auf einer bestens ausgebauten, sehr breiten Straße – und sind praktisch wieder einmal fast allein auf der Straße.

Das ändert sich allerding gleich nach der Einfahrt in die gesuchte Straße, welche sogar einen eigenen Namen hat: STRYNEFJELLET. Diese Straße führt hinter einem langgezogenen Bergrücken entlang und ist jene Straße, welche in früheren Zeiten alle nehmen mussten bis der Bau mehrerer Tunnel die Strecke enorm abgekürzt hat. Die STRYNEFJELLET ist nur am Anfang asphaltiert und dann nur noch eine gut gepflegte Schotterstraße. Was wir auf ihr zu sehen bekommen ist geradezu einschüchternd. Sieht man sich die Erhebungen und die Vegetation rings umher an, fühlt man sich augenblicklich ans Ende der letzten Eiszeit versetzt. Es gibt nur niedrige Sträucher und Gras als Bewuchs und Rinnsale überall.

Das Gefühl stellt sich ein, dass man rettungslos verloren in Raum und Zeit wäre, würde man hier alleine gelassen. Es ist karg, kalt, windig, schön, ursprünglich, einsam. Und leider doch nicht ganz so verlassen, denn es gibt viele Ausweichen auf dieser relativ schmalen Straße und auf beinahe jeder steht ein Wohnmobil.

So wenig Verkehr wir auf der Hauptstraße hatten, so viel haben wir hier. Wir bleiben mehrfach stehen, um diese gewaltige Ursprünglichkeit abzulichten und auf uns einwirken zu lassen.

Erst später, als dieses Hochtal stark in Richtung des Sees OPPSTRYNSVATNET abfällt, ist die Straße wieder asphaltiert. Wir kommen an die Kreuzung, wo der neue Tunnel einmündet, und finden uns auf der Staatsstraße Rv15 wieder. Kurz vor dem See sehen wir eine Tankstelle und einen „JOKER“-Supermarkt. Zunächst wird die SOL vollgetankt und dann gehen wir in den Supermarkt ein paar Kleinigkeiten einkaufen, welche wir sofort auf einer Holzbank neben dem Supermarkt aufessen. Wir bleiben dort mehr als eine Stunde bis wir weiterfahren.

Bei STRYN bleiben wir kurz stehen, denn hier gibt es ein Einkaufszentrum mit einer VINMONOPOLET-Filiale und Mara sprintet kurz hinein, um wieder eine Flasche Wein zu erbeuten, denn die aus ODDA ist mittlerweile leer. Wir folgen der Rv15, biegen in den E39 ein, um gleich darauf der Fv60 bis HELLESYLT zu folgen und weiter in Richtung STRANDA zu fahren, wo wir die Fähre nach LIABYGDA nehmen. Kurz nach HELLESYLT bleiben wir für einen Augenblick sehen, denn die Straße führt längs des Fjordes den Berg hinauf. An einer günstigen Stelle gibt es einen Parkplatz mit toller Aussicht auf den SUNNYLVSFJORD. Das ist jener Fjord in welchen der GEIRANGERFJORD einmündet. Ab dann fahren wir die gleiche Strecke wie gestern, nehmen ebenfalls die Fähre LINDE FERJEKAI – ELSDAL und sind heute etwas vorsichtiger bei der Einfahrt in Spitzkehren, denn wir wollen ja nicht wieder einem Reisebus in die Quere kommen.

Wir sind schon etwas müde, als wir heute am berühmten Aussichtspunkt über dem GERANGERFJORD ankommen und uns diesmal, durch bedeutend weniger Gepäck viel agiler, einen Parkplatz suchen. Es ist wieder eine Balanceübung die SOL so zu rangieren, dass sie am Seitenständer abgestellt nicht umfällt. Wir fotografieren diese berühmte und wunderschöne Ansicht von verschiedenen Positionen aus. Atlan entdeckt einen Fußweg, dem er folgt und gelangt nur 200 Meter weiter an einen weiteren, diesmal aber ungesicherten Aussichtspunkt. Es soll noch einen Aussichtspunkt geben. Als eine Gruppe Touristen, es sind offenbar Briten, vorbeigeht, fragt er, ob es sich lohnen würde den zu besuchen und die bejahen das. Aber mit den schweren Motorradstiefeln und nach der langen Fahrt heute, will sich Atlan nicht mehr die Mühe machen.

Zurück bei Mara besteigen wir wieder die SOL und fahren runter in den Ort GEIRANGER. Wir sind hungrig, stellen die SOL auf einem kostenlosen Motorradparkplatz ab und essen in einer der dortigen Fressbuden gemeinsam eine Portion sauteures Fish-and-Chips. Es ist schon gegen 21:00 Uhr als wir wieder in unserer Holzhütte ankommen. Als es Nacht wird, gönnen wir uns eine Glas Wein, sehen deutlich in der Windstille wie die Lichter von DALSNIBBA 1500 Meter oberhalb aus der Ferne auf uns niederfunkeln und können sehen wie sich die Lichter der Schiffe und Häuser im glatten Wasser des Fjordes widerspiegeln.

Ausblick vom DALSNIBBA auf die umgebenden Berge
archaische Landschaft mit unzähligen Wasserfällen auf der STRYNEFJELLET
Frühstück mit perfektem Ausblick

unsere Tagesetappe

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert