2024,  Fjordnorwegen,  Motorrad-Touren,  Tourentagebuch Nordkap-Tour 2024

Tag 25 – von MOLDE nach TROLLSTIGEN und GEIRANGER

Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind; wirklich arm ist nur, wer nie geträumt hat.

Freifrau Marie von Ebner-Eschenbach

Heute kommen wir mal früh hinaus. Nach einem kurzen Frühstück gehen wir zu unserer Unterkunft und beginnen mit den üblichen Abreisevorbereitungen. Während des Frühstücks ist Atlan neugierig genug um die Biker, welche gestern Abend angekommen sind und deren Nummernschild wir nicht identifizieren konnten, zu fragen, woher die denn kämen. Es ist eine Gruppe von Personen im Alter von Mara und Atlan. In perfektem Englisch antworten sie, dass sie Malteser sind, gerade vom Nordkap kommen und jetzt auf dem Rückweg nach MALTA seien. Die Distanz zw. MALTA und dem NORDKAP ist selbst auf dem kürzesten Weg mit ca. 5300 km eine gigantische Strecke. Von hier in MOLDE nach MALTA sind es immer noch mindestens 4000 km. Verblüfft fragt Atlan wie lange sie denn für diese Strecke Zeit hätten und bekommt als Antwort, dass ihr gesamter Urlaub nur 3 Wochen dauert. Diese Antwort erstaunt ihn noch mehr und er fragt, wie viele Kilometer sie denn so pro Tag fahren würden, um diese Strecke in so kurzer Zeit schaffen zu können. Es wird immer erstaunlicher, denn sie antworten, dass sie mindestens 500 – 600 km pro Tag zurücklegen. Angesichts der Tatsache, dass wir nach ca. 300 km am Tag schon genug haben, wobei Atlan in jüngeren Jahren auch schon mal 1000 km am Tag gefahren ist, stößt Atlan nochmals nach und fragt verblüfft, wie alt sie denn seien. Einer der Männer antwortet lächelnd: „I am 65!“ Wow – die Leute haben echt Ausdauer.

Kurz vor 09:00 Uhr bringt Mara noch den Schlüssel zurück und dann geht’s ab Richtung TROLLSTIGEN. Wie wir noch vor der Abfahrt feststellen konnten, sind die Malteser schon seit einer halben Stunde weg. Wo die wohl heute Abend sein werden? Wir fahren zunächst gar nicht so weit, sondern in den Hafen, wo wir mit einer Fähre nach VESTNES übersetzen. Die Malteser sind nicht zu sehen und haben offenbar schon die vorherige Fähre erwischt. Heute müssen wir wieder einmal tanken. Wir finden eine Tankstelle neben der Hauptstraße an einer Stelle, wo außer dieser Zapfsäule definitiv nichts anderes ist. Wieso baut man eine Tankstelle in die Mitte von Nirgendwo? Das Tanken dauert weniger als 10 Minuten und gegen 10:15 Uhr sind wir schon wieder unterwegs. Wie bisher folgen wir der E39, um dann in SJOHOLD auf die 650 einzubiegen, welche entlang der STORFJORDS verläuft.

Kurz hinter LIABYGDA geht die Straße entlang des Fjordes hoch hinauf und bei allerbestem Wetter breitet sich die Landschaft unter uns aus. Ein Parkplatz bietet sich an und wir bleiben sofort stehen, um dort Fotos zu machen. Das Panorama, welches sich uns bietet, sieht aus als wäre es Matte-Painting in einem Hollywood-Fantasyfilm. Dieser Aussichtspunkt mit Blick auf den Eingang zum SUNNYLSFJORD ist wirklich einmalig.

Angekommen in SYLTE ist es mittlerweile gegen 11:30 Uhr und wir wollen uns einen späten Vormittagskaffee gönnen. Es gibt auch ein Restaurant, aber dieses sperrt leider erst um 12:00 Uhr auf.

Also gehen wir etwas am Ufer in der Sonne spazieren und sehen dabei eine Gruppe Gänse, welche offensichtlich hier wohnt und sich nur wenig an den Menschen stört. Die Gehwege sind gespickt mit Gänsehinterlassenschaften, wodurch der kurze Spaziergang sich zu einer Art Hindernislauf entwickelt. Die Gänse erinnern uns irgendwie an das Märchen von Nils Holgerson.

Pünktlich um 12:00 Uhr öffnet das Restaurant, wir nehmen im Freien an einem Platz im Schatten eines Baumes Platz und bestellen uns beiden einen Kaffee. Atlan bestellt noch einen Schokoladenkuchen. Bei der Bestellung kam es allerdings offenbar zu Missverständnissen, sodass wir statt einem nun zwei Schokoladenkuchen serviert bekommen aber wir akzeptieren das. Wie sich nämlich herausstellt sind das die schokoladigsten Schokoladentortenstücke seit langem.

Frisch gestärkt nehmen wir ein weiteres Highlight unserer Reise in Angriff: TROLLSTIGEN. Wir wissen zwar, dass diese Straße wegen Steinschlag gesperrt ist, aber es gibt ganz oben einen Aussichtspunkt und es soll sich wirklich lohnen ihn zu besuchen. Die Straße führt in vielen Kurven durch eine wunderschöne Landschaft bis auf eine Passhöhe und fällt dann leicht ab bis man den Aussichtspunkt erreicht. Dieser hat einen großen Parkplatz, einen Souveniershop und einen kurzen Fußweg zum beschriebenen Aussichtspunkt.

Auffahrt zu TROLLSTIGEN

Obwohl es Wochentag ist, können wir keinerlei Arbeiten auf der gesperrten Straße erkennen. TROLLSTIGEN mag ja für SKANDINAVIEN eine spektakuläre Straße sein, aber wenn wir die Straßen mit anderen in EUROPA, z.B. in den DOLOMITEN und entlang der RGA vergleichen, verblasst die Straße schnell. Deshalb macht es uns auch nichts aus, die 7 Spitzkehren nicht fahren zu können.

Die Aussicht von oben ist allerdings schon wunderschön und es wert dorthin zu fahren.

Nachdem wir den Souveniershop besucht haben und dort neben Stickern auch noch Mitbringsel (Halstücher) für die Family daheim gekauft haben, fahren wir wieder zurück und wollen direkt auf der Passhöhe parken. Dort ist aber offenbar gerade eine Filmcrew am Arbeiten, welche uns mit hektischen Armbewegungen deuten, dass man hier nicht parken kann und wir weiterfahren sollen. Also gut – dann fahren wir eben wieder zurück und lassen uns die mehr als 800 Höhenmeter wieder hinunterrollen.

Wir fahren gut 50 km der heutigen Strecke wieder zurück, um bei LIABYGDA gerade noch die Fähre nach STRANDA zu erreichen. Unser heutiges Tagesziel ist GEIRANGER. Dazu müssen wir aber zunächst einmal ca. 600 Höhenmeter dazugewinnen, um dann eine spektakuläre Straße mit 11 Spitzkehren hinunter nach GEIRANGER zu fahren. Auch bei der Hinauffahrt gibt es 4 Spitzkehren. Die Straße ist eigentlich breit und die Spitzkehren ausladend genug, als dass es zu Problemen kommen könnte, aber als wir in einer davon am äußersten rechten Fahrbahnrand hinauffahren, kommt uns ein Großraumbus entgegen. Atlan kann rasch erkennen, dass sich das nicht ausgehen wird und bleibt stehen. Der Bus bleibt auch stehen, womit die gesamte Straße erstmal gesperrt ist.

Um mehr Platz für den Großraumbus zum Rangieren zu bieten, lässt Atlan die SOL samt ihren 600 kg den Berg rückwärts wieder hinunterrollen. Schließlich hat der Bus genug Platz und bringt es fertig in weniger als 5 cm Entfernung von unserem linken Lenkerende an uns vorbeizufahren. Es ist schon ein etwas mulmiges Gefühl so eine 4 Meter hohe Blechwand so nahe an sich vorbeiziehen zu lassen im Wissen, dass selbst der kleinste Fahrfehler des Busfahrers schmerzhafte Konsequenzen für uns Motorradfahrer haben könnte.

Bei den Spitzkehren hinunter nach GEIRANGER bleiben wir heute nicht stehen, denn die dafür vorgesehenen Parkplätze sind voll und Atlan müsste die vollbepackte SOL auf einer belebten Straße mit erheblichem Gefälle nach unten wenden, um dann einen Parkplatz auf dieser abschüssigen Fläche zu finden. Das ist ihm heute zu anstrengend. Als wir weiter hinunterfahren, meint Mara etwas schaudernd: „Wow! Da geht’s aber tief runter“.

In GEIRANGER selbst hat gerade ein riesiges Passagierschiff angelegt und das kleine Dorf mit einer Unzahl von Touristen geflutet. So ohne Navi verpassen wir natürlich die richtige Abzweigung, erkennen das sofort, können aber erst weiter oben wieder umdrehen. Atlan schaltet auf Enduromode und kann so extrem langsam den viele Spaziergängern ausweichen. Mara lenkt ihn via seines Handys und Helmfunk.

Am Ende einer ca. 2 km langen Schotterstraße können wir dann am Parkplatz eines kleinen Campingplatzes stehenbleiben und der Besitzer zeigt Mara unsere Unterkunft für die nächsten Tage. Es ist eine kleine, praktisch neuwertige Holzhütte, wo wir sogar aufgefordert werden, diese nicht mit unseren Straßenschuhen zu betreten. Mara hat die vor wenigen Tagen gefunden und angemietet. Die Hütte ist so neu, wir sind möglicherweise eine der ersten Mieter, dass es nicht einmal einen richtigen Weg zur Hütte gibt, sondern nur einen schmalen Pfad von niedergetretenem und noch grünem Gras.

Vor der Hütte gibt es einen Tisch mit 2 Stühlen. In der Hütte gibt es Küchenutensilien und einen transportablen Campingherd mit 2 Kochplatten. Es gibt sogar eine Rolle Verlängerungskabel, damit man im Freien kochen kann. Direkt neben der Terrasse wächst ein Ringlottenbaum, der sogar reife Früchte in Griffweite hat. Das Erste, was wir machen, nachdem wir das gesamte Gepäck hinaufgetragen haben, ist die 2 getrennten Betten zusammenzuschieben und deren Steher durch Spanngurte aneinanderzubinden.

Am Abend essen wir auf der Terrasse und haben dabei den perfekten Blick auf GEIRANGER und auch auf den dortigen Campingplatz, auf dem die Wohnmobile geschlichtet stehen wie die Sardinen. Wir hingegen sind mitten im Grünen und praktisch ohne Nachbarn. Wir fühlen uns schon sehr vom Glück verwöhnt und privilegiert.

Einhorn fühlt sich sichtlich wohl hier

GEIRANGER im Abendlicht. Wir sind schon etwas verwöhnt von dieser Position und denken mit etwas Schadenfreude an den dortigen Campingplatz wo die Besucher wie die Sardinen geschlichtet sind.

Dieses große Kreuzfahrtschiff hat seine Gäste nach deren Besuch von TROLLSTIEGEN eingesammelt und hat es in dieser winzigen Badewanne von Bucht geschafft umzudrehen um wieder aus dem Fjord hinauszufahren.

Schnapszahl auf dem Weg von TROLLSTIEGEN nach GEIRANGER

unsere Tagesetappe

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert