
Tag 19 – wanted: neuer Hinterreifen und eine Elchtour
Adventure is not outside, it is within.
George Eliot
Weil der Hinterreifen schon sehr kantig abgefahren ist, ist die SOL mittlerweile bei voller Beladung kaum noch verlässlich zu steuern. Das erste, was wir deshalb heute nach dem Frühstück machen, ist die örtliche BMW-Werkstatt aufzusuchen, um den Hinterreifen wechseln zu lassen. Wir sind etwas zu früh dran und müssen auch erstmal die Werkstatt suchen, denn wir haben zwar die korrekte Adresse aber der Eingang ist auf der Rückseite des Gebäudes und man muss auf einer Rampe eine Stockwerkhöhe hinunterfahren, um die Werkstatt zu finden, denn das Gebäude steht an einem leichten Hang. Wir sind heute die ersten, die drangenommen werden sollen, gleich nachdem die Werkstatt aufsperrt, weshalb wir sicherheitshalber zu früh vor Ort sind. Ein anderer Grund für unser frühes Erscheinen ist, dass der Parkplatz, auf welchem die SOL steht ab 08:00 Uhr gebührenpflichtig ist und wir kein Strafmandat bekommen wollen – auch wenn wir bis jetzt noch nie einen norwegischen Polizisten gesehen haben. Nach etwas Warten öffnet dann die Werkstatt, wir melden uns an und Atlan wird gebeten die SOL vor das Tor der Werkstatt zu fahren. Er kann sogar einen Blick auf die SOL erhaschen, als sie auf der Montagetribüne steht und mittlerweile das Hinterrad abmontiert ist.

Dann wird er aber leider gebeten die Werkstatträume zu verlassen. Die ganze Aktion dauert nur kurz. Mara und Atlan warten inzwischen in einem bequemen Warteraum, wo es auch Sitzgelegenheiten gibt. Als alles fertig ist, geht es ans Zahlen und die Summe ist mit mehr als 500 EUR schockierend groß. Für diesen Betrag hätten wir in ÖSTERREICH beide Reifen gewechselt bekommen und es wäre sogar noch Geld übriggeblieben. Ja, Atlan wollte einmal testweise erleben, wie das ist, wenn man in der Fremde den Reifen wechseln muss und er hätte den Reifen auch bereits daheim wechseln können, aber er hätte sich nie gedacht, dass die Kosten derart hoch sind. Atlan verbucht das unter: „habe ich auch einmal erlebt“ – und wird das in Zukunft so weit wie möglich vermeiden. Erfahrung ist ja bekanntlich die Summe aller schlechten Erlebnisse.
War es in der Früh noch wolkig, klärt sich jetzt der Himmel und es wird beinahe wolkenlos und warm. Die Werkstatt hat den Hinterreifen mit dem Standardluftdruck lt. Handbuch befüllt, aber das ist für unsere Zwecke zu wenig. Nachtanken müssen wir auch also suchen wir uns eine Tankstelle und finden eine große ESSO, wo wir zunächst einmal tanken.
Wir wollen der SOL einmal eine Wäsche gönnen und gleich daneben gibt es einen Hochdruckreiniger mit Münzeinwurf und mehreren Programmen. Auch der ist anders als zuhause. Es ist ein Kampf mit der Tücke des Objekts, denn erstmal haben wir nicht genügend Münzen. In NORWEGEN will ja jeder per Kreditkarte bezahlt werden. Nachdem Atlan im Tankstellenshop Münzen gewechselt hat, werfen wir ein paar Münzen ein und wollen einfach nur die SOL mit Wasser abspritzen. Das geht aber nicht, denn vorher muss man sie einschäumen. Wir drücken auf die entsprechende Taste und kommen bald dahinter, dass wir viel zu wenig Münzen eingeworfen haben. Das korrigieren wir jetzt mit dem Resultat, dass wir jetzt so viel Schaum zur Verfügung haben, dass wir eine Kolonne 40-Tonner-LKWs einschäumen hätten können. Dann wollen wir abspülen. Diese Taste funktioniert jetzt, nur dass offensichtlich klares Wasser viel billiger ist als der Schaum, weswegen wir endlos Wasser zur Verfügung haben. Wir glauben wir hätten die SOL mindestens 5 mal komplett vom Schaum befreien können.
Als wir Pressluft suchen, irren wir nur auf dem Gelände herum, ohne etwas Passendes zu finden. Die Frau an der Kassa gibt Atlan schließlich den Hinweis an der Rückseite des Autowaschtunnels zu suchen. Dort finden wir tatsächlich einen langen Pressluftschlauch mit Ventilanschluss und eine an der Hausmauer befestigte Apparatur mit Display und mehreren Tasten. Die Bedienungsanleitung ist gleich daneben angeschlagen – und die ist auf Norwegisch. Mara und Atlan probieren eine Weile herum und rätseln, wie man das Ding korrekt bedienen soll, bis wir schließlich durch Versuch und Irrtum auf die Lösung kommen:
- Man muss den Schlauch an den Reifen anschließen
- Dann muss man den gewünschten Luftdruck auf der Tastatur eingeben
- Dann auf die GO-Taste drücken
- Dann befüllt die Automatik den Reifen selbstständig bis zum gewünschten Luftdruck und regelt dann selbstständig ab
- Dann muss man nur noch den Pressluftschlauch abnehmen und fertig
…wenn man weiß wie es geht ist alles immer ganz einfach.
Um einige Erkenntnisse reicher fahren wir zurück zum Hotel. Jedoch können wir die SOL nicht mehr da abstellen, wo sie heute Morgen stand, da der Parkplatz ja zwischen 08:00 und 17:00 Uhr gebührenpflichtig ist. Glücklicherweise gibt es neben dem Hotel eine Parkgarage, in der wir die SOL bis zum Abend gebührenpflichtig abstellen wollen. Mara bezahlt per HandyApp. Es gibt sogar einen eigenen Eingang von der Parkgarage ins Hotel. Allein einen Parkplatz darin zu finden ist nicht so einfach, denn zunächst einmal müssen wir die Einfahrt zur Parkgarage finden, welche auf der Rückseite des Gebäudes und nur über eine steile Straße erreichbar ist. Dann müssen wir eine steile, enge Rampe hinauffahren und dabei eine enge 180-Grad-Kurve hinlegen. Als wir endlich im gewünschten Parkdeck finden, ist dieses glücklicherweise absolut leer und wir können es uns aussuchen, wo wir die SOL hinstellen wollen.

Zurück im Hotelzimmer möchte Atlan sich nochmals schlafen legen während Mara die Ausstellung über die Lachszucht, welche wir gestern Abend am Hafen gefunden haben, besuchen will. Etwas später kommt Mara frustriert zurück, denn gerade heute hat diese Ausstellung geschlossen.
Am Nachmittag überredet Mara dann Atlan, mit ihr einen Spaziergang durch BODÖ zu machen. Zu Fuß machen wir uns auf den Weg und finden auch eine Art Einkaufszentrum, in welchem wir ein paar Lebensmittel kaufen, sowie einen VINMONOPOLET, wo wir wieder eine Flasche italienischen „Primitivo“ erstehen.
Am Abend will Atlan dann die SOL wieder auf den Parkplatz stellen, den wir von unserem Fenster aus sehen. Wieder in die Parkgarage hineinzukommen, stellt sich aber schwierig heraus, denn man kann offenbar zwar von der Parkgarage ins Hotel hineinkommen aber egal wie er es anstellt: die Türe zur Parkgarage lässt sich von der Seite des Hotels her nicht öffnen. Er muss also um das gesamte Gebäude herumgehen und dem Weg folgen, welchen wir genommen habe, als wir die SOL in die Parkgarage gestellt hatten. Wieder bei der SOL sucht Atlan die Abfahrt ins Freie, kann aber keine finden. Ergo fährt er die Rampen hinauf, bis er im höchsten Stockwerk angekommen ist, um dann festzustellen, dass es gar keine eigene Rampe zur Ausfahrt gibt. Man muss die gleiche Rampe zur Ausfahrt benutzen, wie zur Einfahrt. Was passiert, wenn einem mitten in der steilen Abfahrt dann ein Fahrzeug entgegenkommt, will man sich gar nicht vorstellen.
Es ist schließlich Zeit zum vereinbarten Treffpunkt für die Elchtour zu gehen. Wir gehen langsam der Hafenmole entlang bis wir den Treffpunkt erreicht haben, können aber dort kein auf uns wartendes Fahrzeug sehen. Das kommt nach einigen Minuten, bleibt nur kurz stehen, lässt und einsteigen und dann fahren wir schon los. Der Fahrer ist ein sehr sympathischer junger Mann, der uns genau einweist und dann vorsichtig mit dem neuwertigen Mercedes-Bus Richtung SALTSTRAUMEN fährt. Der junge Mann studiert Jus und das hier ist nur sein Ferialjob. Er hat ein beneidenswert gutes Aussehen und einen so angenehmen Charakter, dass er in ÖSTERREICH wahrscheinlich der absolute Womenizer wäre – dabei hat er noch nicht einmal blonde Haare.

Unser erstes Ziel ist SALTSTRAUMEN. Das ist eine Engstelle zu einem Fjord, durch welchen im Zuge des Tidenhubes 2 x am Tag alles Wasser durchlaufen muss. Da der Fjord dahinter groß ist und die Engstelle klein ist, ist dies die Stelle, wo weltweit die größten natürlichen Strömungsstrudel entstehen. Überall stehen Männer mit Angeln zum Fischen und haben sichtlich Erfolg. Man braucht keine Fischerkarte. Der Höhenunterschied zwischen dem Meer draußen und dem Fjord drinnen ist mindestens einen Meter und wir können sehen mit welcher Wucht das Wasser in den Fjord hineinströmt und sich verteilt. Die Fische sind offenbar extrem irritiert, denn sie springen scharenweise aus dem Wasser. Eigentlich bräuchte man nur einen Kescher und könnte die Fische mitten im Flug auffangen. Wir können auch Boote mit sehr starken Außenbordmotoren sehen, die absichtlich in die größten Strudel hineinfahren. Die sind mit Touristen voll besetzt, aber uns ist das zu teuer. Wir haben heute Glück, denn wir können all diese Naturphänomene auf dem Höhepunkt der Flut sehen – dann, wenn sie am ausgeprägtesten sind.


Mit dem Bus fahren wir weiter auf Neben-Neben-Straßen wohin sich sonst nur Anwohner verirren. Wir können zwar gleich zu Beginn einen jungen Elch direkt neben der Straße sehen aber dann sehen wir für eine ganze Weile keinen mehr.

Wie wir erfahren, kommen die Elche erst in der Dämmerung zum Fressen aus dem Wald. Elche sind sehr scheue Tier und flüchten sofort, wenn ihnen irgendetwas ungewohnt vorkommt. Nur Elchmüttern mit Kälbern sollte man nicht in die Quere kommen, denn die sind sehr aggressiv und wollen ihre Jungen beschützen. Da Elche die größten Landsäugetiere EUROPAS sind, kann das auch schwere Verletzungen oder gar den Tod bedeuten. Als es dann dämmrig wird, können wir tatsächlich viele Elche sehen. Wir sind ganz erstaunt, wie viele Elche es hier in dieser Gegend gibt. Wir können die Elche nur aus der Entfernung sehen aber der Fahrer hat Ferngläser dabei. Wir dürfen heute viele Elche sehen, auch viele mit Kälbern und als wir nach 23:00 Uhr ins Hotel zurückkommen sind wir vollauf zufrieden.










