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Tag 17 – NARVIK – Reifenwechsel oder doch besser die Batterie?

Im Grunde ist jedes Unglück gerade nur so schwer, wie man es nimmt.

Freifrau Marie von Ebner-Eschenbach

Atlan schreibt

Wie immer haben wir uns bereits am Vortag auf die Abfahrt vorbereitet. Vieles, was auf die SOL aufgeladen werden soll, befindet sich bereits im großen Vorzimmer bei der Eingangstüre. Besonders die Stiefel, Helme, Handschuhe, Motorradjacken und alles Regengewand. Wir frühstücken bequem in der großen Küche und versuchen dann gute Gäste zu sein. Das Wissen, dass wir hier eigentlich die Privaträume des toten Großvaters des Vermieters bewohnen, lässt uns sehr respektvoll mit der Einrichtung umgehen und alles so pico bello zu hinterlassen wie nur möglich. Später hat Mara dann ein Mail an den Besitzer gesendet, in welchem sie sich noch einmal für die großartige Gastfreundschaft bedankt hat. Gegen 09:00 Uhr ist dann alles eingepackt, aufgeladen und wir fahren los. Wir wollen aber eine andere Straße als bei der Herfahrt ausprobieren und nehmen die 815, welche an der Südküste der LOFOTEN entlangführt. Diese Straße ist einsam, eng und wird offensichtlich nur von den Anwohnern benutzt. Gerade diese Einsamkeit, gepaart mit der wilden Berglandschaft und dem schmalen Küstenstreifen, auf welchem die 815 entlangführt sowie das Grau-in-Grau der Bewölkung verleiht dieser Landschaft einen eigenen rauen Charme. Das Wetter hat sich immer noch nicht wesentlich gebessert, aber wenigstens hat sich der Regen bei mäßigen Temperaturen um die 15 Grad eingebremst. Den ganzen Tag bleiben die Straßen feucht und immer wieder gibt es Nieselregen bis hin zum intensiven Regen.

Fahrt entlang der wolkenverhangenen Südküste von Lofoten

Unsere ursprüngliche Absicht mittels des Handys in der Handyhalterung zu navigieren, zerschlägt sich, da die Handyhalterung beim Lenken nach links am Tankrucksack ansteht und damit enge Linkskurven nicht möglich sind. Der Tankrucksack verbiegt dann auch noch das weiche Blech der Handyhalterung, weshalb Mara sich ab sofort die pinkfarbene, wasserdichte Handytasche einfach umhängt und mir via Helmfunk sagt wie ich fahren soll. Das führt dann dazu, dass wir die Handyhalterung niemals verwenden und ich sie dann auch zuhause in WIEN ungebraucht und verbogen demontiere. Letztendlich biegt die 815 wieder in die E10 ein, jener Straße, auf welcher wir hierhergekommen sind. Gegen 09:50 Uhr machen wir einen kurzen Fotostopp. Als wir weiterfahren, wird es offensichtlich, dass wir in eine Regenfront hineinfahren, aber wir finden keine Möglichkeit für ein sicheres Stehenbleiben, um uns die Regensachen anzuziehen. Das Anlegen der Regenkleidung wird immer dringender, sodass ich schließlich auf einer sehr schmalen Ausweiche neben der belebten Straße vor einem Trafohäuschen stehenbleiben muss. Ich kann mir die Regensachen schnell anziehen, aber Mara hat ein Problem mit ihrer Regenhose. Die ist zwar sehr gut, aber sie kann sie mit den neuen Motorradstiefeln im Gegensatz zu den alten Motorradstiefeln nicht mehr anziehen, ohne die Schuhe ausziehen zu müssen. So nur mit Socken auf der nassen, kalten, schmutzigen Straße zu stehen ist alles andere als bequem, weshalb ich Mara den Putzfetzen zum Draufstellen gebe. Mit dem wische ich normalerweise die Frontscheibe klar oder trockne den Sitz ab. Heute ist er trocken und noch relativ sauber und Mara muss keine Balanceübungen auf einem Bein machen. Wir beenden diese Aktion gerade noch rechtzeitig, denn kaum, dass wir weiterfahren, fängt es auch schon intensiv zu regnen an.

Gegen Mittag, es ist schon ca. 12:30 Uhr packt uns der Hunger und wir wollen wenigstens einen Kaffee haben. Wir sehen eine Tankstelle, welche von Weitem so aussieht, als wäre sie eine Harley-Davidson-Niederlassung. Es gibt eine Art Burger-Restaurant und das ist gut besucht. Wir suchen uns einen Burger aus, bekommen eine Nummer und warten dann, bis unsere Bestellung als fertig zur Abholung auf dem Monitor aufscheint. Es ist das gleiche System wie bei McDonalds. Es dauert eine Weile, bis wir dran sind aber auch in einem richtigen Restaurant bekommt man ja nicht alles gleich nach der Bestellung. Wir genießen unser Essen und haben dabei immer die SOL draußen am Parkplatz im Blickfeld. Das Essen ist zwar kein Gourmet-Menü aber es sättigt und der Kaffee hinterher tut gut.

Gegen 15:50 Uhr kommen wir in die Peripherie von NARVIK und biegen auf einen größeren Parkplatz ein, um dort die Adresse des Hotels ins Handy einzugeben. Nur leider: Als wir weiterfahren wollen, springt die SOL nicht mehr an, sondern macht nur noch ein leises Rattern. Ich kenne dieses Geräusch und weiß sofort: Probleme mit der Batterie. Also Topcase auf, Starterpack heraus, rechten Seitendeckel mit dem Bordwerkzeug unterm Sitz abmontieren, um das Starterakku an die Batterie anschließen zu können. Allein: das hilft nichts – die SOL springt trotzdem nicht an. Die Gesamtsituation ist unbefriedigend: Dies ist bereits die 3. oder 4. Batterie der SOL, wir stehen irgendwo am Stadtrand von NARVIK mit defekter Batterie und auch das Starterpack hilft nichts und es fängt wieder an zu regnen und es ist später Nachmittag. Summa Sumarum also eine mehr als suboptimale Situation. Meiner Philosophie folgend, dass es immer Lösungen gibt, man muss u.U. nur scharf nachdenken, um sie zu finden erinnere ich mich daran, dass ich einen ÖAMTC-Schutzbrief habe und der norwegische Automobilklub NAC ein Partnerklub des ÖAMTC ist. Also rufe ich von hier in NARVIK in WIEN die Notrufnummer des ÖAMTC an und bekommen rasch Hilfe. Zunächst muss aber die Position akkordiert werden, an welcher ich mich befinde. Das ist problematisch, da ja das Navi nicht mehr funktioniert welches mir GPS-Koordinaten und Adresse hätte sagen können. Egal: ich mache GOOGLE-Maps auf und dann folgt eine lebhafte Diskussion darüber, wo wir uns befinden. Die Dame in WIEN hat GOOGLE-Maps ebenfalls geöffnet und so dauert es nicht lange bis wir uns auf eine Adresse geeinigt haben. Sie meint dann noch sie würde den NAC um Hilfe ersuchen, was u.U. aber etwas Zeit brauchen würde. Als sie auflegt, schieben wir wegen des Regens zunächst einmal die SOL unter ein Vordach und warten dann. Unsere Frustration drückt sich laut in unserem Schweigen aus. Es dauert vielleicht 20 Minuten und schon ist das Servicefahrzeug des NAC da. Der junge Mann ist meiner Meinung: Die Ursache ist entweder die Lichtmaschine oder die Batterie. Als ich ihm mein Starterakku zeige, lächelt er ein wenig und nimmt dann sein eigenes Starterakku. Er meint, dass man damit auch großen LKWs Starthilfe geben könnte. Tatsächlich ist sein Akkupack mindestens 3 x größer als meines. Die SOL springt sofort an und wir können am Display des Bordcomputers sehen, wie die Batteriespannung rasch zunimmt. Das bedeutet, dass die Lichtmaschine ok ist und die Ursache bei der Batterie liegt. Jetzt nur nicht den Motor abwürgen, denn der freundliche Mann fährt gleich zur nächsten Panne weiter, gibt uns aber noch den Namen „BILTEMA“ als Ratschlag und meint, dass das ein Geschäft hier in NARVIK wäre, wo wir sicher eine neue Batterie bekommen würden. Insges. hat die ganze Aktion nur 1 Stunde gedauert und gegen 17:00 Uhr kommen wir am nur eine kurze Distanz entfernten Hotelparkplatz an. Mara geht wie immer hinein und macht das Zimmer klar. Hotel und Parkplatz liegen an einem Hang, das Gebäude unseres Zimmers ist nur ebenerdig und hat einen langen Gang, wo links und rechts die Zimmer weggehen. Unser Zimmer ist definitiv das letzte ganz hinten. Als dann alle Gepäckstücke im Zimmer sind habe ich den Eindruck, dass meine Arme jetzt ein Stück länger sind. Das Ganze noch ein paarmal und ich kann mich an meinen Fußsohlen kratzen, ohne mich zu bücken. Dort wo die SOL parkt, liegt ein Spanngurt am Boden. Den hat offenbar jemand hier verloren. Ich lasse ihn liegen, denn der Besitzer könnte ja zurückkommen und ihn aufsammeln.

Es ist zwar Sonntag aber in den skandinavischen Ländern sieht man die katholische Sonntagsruhe nicht so eng – es sind ja die meisten Protestanten. Es gibt gleich neben dem Parkplatz der Unterkunft zwei Supermärkte. Einer hat geschlossen und der andere geöffnet. Wir gehen also im Nieselregen ein wenig spazieren und dann einkaufen. Abendessen gibt’s dann aus den mitgebrachten Lebensmitteln.

Heute sind wir ca. 295 km gefahren.

Mara schreibt

Am Vorabend haben wir bereits die Vorbereitungen für die Weiterreise getroffen. Die Wäsche ist gewaschen, eine hier auf LOFOTEN erstandene Handyhalterung wurde auf dem Lenker befestigt. Sie stellt sich dann doch als unbrauchbar heraus: Der Tankrucksack und die Handyhalterung sind einander im Weg, sodass Atlan nicht mehr zur Gänze den Lenker drehen kann. Wir beschließen, dass ich das Handy in der Schutzhülle mit dem pinkfarbenen Verschluss und der pinkfarbenen Kordel kurz vor NARVIK mir umhänge, damit ich den Weg zum Quartier ansagen kann. Ein letztes Frühstück in der geräumigen Küche, der Geschirrspüler eingeräumt und eingeschaltet, der Müll nach den Anweisungen des Gastgebers getrennt und die SOL mit unseren Koffern und Taschen beladen – wir starten bei wolkenverhangenem Himmel und fahren die Südküste der Lofoteninsel Vestvågøy entlang bis wir auf die E10 treffen. Diese führt uns den OFOTFJORD entlang bis nach NARVIK.

Fahrt entlang der Südküste von Lofoten
Höchst einfach als Co-Pilotin zum Navigieren, ich brauch mir nicht viel zu merken und kann die Fahrt entlang der Küste genießen. 😊

Rechtzeitig halten wir an und packen uns regenfest ein. Keine Minute zu früh, denn schon beginnt es zu regnen und Atlan steuert die SOL geschickt auf der nun etwas stärker befahrenen Hauptstraße. Um die Mittagszeit machen wir Rast bei einer Tankstelle, die wie eine Raststätte ausgebaut ist. Das Schild erinnert gekonnt an Harley Davidson und lockt auch andere Motorradfahrer an zum Pause machen. Das Wetter lädt zum Verweilen in der warmen Stube ein und wir dehnen unsere Kaffeepause zu einer Mittagspause aus. Viel Auswahl gibt es nicht, und so füllen wir unsere Mägen mit Hamburger und Pommes. Die Toiletten sind unisex wie zumeist in NORWEGEN. Die Anstellerei ist für alle gleich. Das läuft völlig entspannt ab und ich wünsche mir das in ÖSTERREICH auch 🙂

Gestärkt setzen wir unseren Weg nach NARVIK fort. Heute ist Sonntag, morgen früh will Atlan sogleich bei der Reifenfirma anrufen und einen Termin für den Reifenwechsel ausmachen. Wir haben erstmal ein Hotelzimmer für eine Nacht. Morgen sehen wir weiter.

Die Einfahrt nach NARVIK führt über eine imposante Brücke. Sowohl die Brücke als auch die Straße entlang der Bucht sind mautpflichtig für zweispurige Fahrzeuge. Motorräder sind von der Maut befreit. Kurz nach der Stadteinfahrt halten wir auf einem Kaufhaus-Parkplatz, um Atlans Handy in die Schutzhülle zu geben, damit ich den Weg ansagen kann. Der Regen hat aufgehört und wir sind guten Mutes, denn nur mehr ein paar Minuten trennen uns von unserem Hotelzimmer, das in der Nähe einer Schipiste gelegen ist.

Auf zur letzten Etappe des Tages, doch SOL verweigert den Dienst: Schon in den Tagen zuvor und auch heute bei der Herfahrt mussten wir immer wieder Mal das Starterpack zu Hilfe nehmen, weil die Batteriespannung nicht ausreichte. Sehr eigenwillig: Nach vielen km Fahrt springt sie nach kurzem Halt nicht mehr an. Vorzugsweise macht sie das bei einem Tankstopp. Es ist ziemlich verwirrend. Und nun nützt auch das Starterpack nichts: SOL bleibt unbeweglich, der Motor lässt sich nicht starten. Atlan gräbt seinen Schutzbrief aus und bald trifft Hilfe vor Ort bei uns ein. SOL wird gestartet und der Techniker beobachtet den Ladestand der Batterie. Seine Anamnese lautet: Wir brauchen eine neue. Er nennt uns ein Geschäft, wo wir morgen eine besorgen können und ist ziemlich sicher, dass sie eine für uns passende haben.

Bei laufendem Motor packen wir alles wieder ein und legen die letzten paar hundert Meter bis zum Quartier für heute Nacht erfolgreich zurück. Dort laden wir erstmal die Koffer und Taschen in der Dusche ab und bringen sie in einen Zustand, wo man sie angreifen kann.

Frisch geduscht gönnen wir uns bei dem nasskalten Wetter noch einen kurzen Spaziergang und schmieden dann Pläne für morgen. Priorität Nr. 1 hat nun der Tausch der Batterie, erst wenn das erledigt ist, können wir den Reifenwechsel angehen. Angespannt geht der Tag zu Ende.

Skipiste in NARVIK

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