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Tag 30 – Ein WOW-Erlebnis nach dem anderen

Schilderung Atlan

Heute haben wir wieder einmal eine längere Etappe vor uns, aber weil wir in der SCHWEIZ sind, sollte sie fahrtechnisch nicht allzu anspruchsvoll sein. Heute wissen wir schon, dass wir zum Frühstück in den Keller gehen müssen und genießen unsere erste Tagesmahlzeit. Danach trage ich zunächst alles Gepäck, soweit es schon fertig ist, zur Rezeption, stelle die SOL auf den Parkplatz neben dem Hotel und beginne aufzuladen. Mara hat zwar in ihrem Leben schon mehr Reisen unternommen als ich, aber einen Gutteil der Strecke, welche wir heute absolvieren, hat sie noch nicht gesehen.

Im sanften Morgenlicht rollen wir die Bundesstraße nach VISP entlang und biegen dann in Richtung BRIG ab. In BRIG glaube ich für einen Augenblick, dass ich hier auf den NUFENENPASS abbiegen kann, doch es ist nur der SIMPLONPASS. Im Vergleich zu den Temperaturen der letzten Wochen ist es heute kühl, weshalb wir am Morgen alle Lüftungsschlitze dicht gemacht haben und uns auch etwas drunter angezogen haben. Jetzt mit fortschreitender Tageszeit wird es wärmer und wir beginnen zu schwitzen. Also bleiben wir an einer Ausweiche stehen und gleichen unsere Kleidung den Tagestemperaturen an. Ich bin diese Strecke schon öfter gefahren und erwarte, dass jeden Augenblick die Abzweigung zum NUFENENPASS kommt. In ULRICHEN können wir dann endlich auf die Passstraße. Wir werden immer wieder von schnelleren Autos und Motorrädern überholt und machen da gerne Platz, denn wir sind vergleichsweise gemächlich unterwegs und wollen kein bewegliches Verkehrshindernis sein. Die Auffahrt zum NUFENENPASS ist wie immer ein Leckerbissen. Kurz vor der Passhöhe gibt es eine Abzweigung zu einem Staudamm im Gebirge. Es ist sich irgendwie nie ausgegangen, den einmal zu besuchen und leider ist es auch heute so. Oben auf der Passhöhe ist relativ viel los und wir wollen in ARIOLO tanken und dann einen Kaffee trinken. Somit bleiben wir nicht stehen und lassen uns vom Berg runterrollen stramm verfolgt von einem rasanten Radfahrer. Die Idee, welche wir haben ist, dass wir langsam tanken müssen und Sprit in der SCHWEIZ mit einem Preis von 2,20 bis 2,30 EUR extrem teuer ist. Unter Umständen ist Benzin, der traditionellerweise in ITALIEN immer teuer ist, sogar billiger als in der SCHWEIZ. Mich lässt derweilen mein Gedächtnis in Stich und unten in ARIOLO angekommen müssen wir feststellen: ARIOLO liegt nicht in ITALIEN, sondern nur in der italienischen SCHWEIZ. Wir erkennen es daran, dass noch immer alle Preise in CHR angeschrieben sind.

Jetzt wird aber erstmal ein Vormittagskaffee fällig. Dann erkundigen wir uns, wo die nächste Tankstelle ist, verpassen aber die Abzweigung und müssen einige Kilometer fahren, bis die Verkehrslage und die Straße es uns erlauben wieder umzudrehen. Ich schätze, dass ich mit 15 Liter bis nach Österreich komme. Diese Schätzung erweist sich dann als richtig. Nachdem wir uns dann gleich 2x hintereinander verfahren und immer wieder auf der modernen Schnellstraße über den GOTTHARDPASS landen schaffen wir es dann endlich auf die TREMOLA, die uralte GOTTHARD-Passstraße, über welche schon vor dem Zeitalter des Automobils die Pferdekutschen gezogen wurden. Die TREMOLA hat ihren Namen vom Kopfsteinpflaster des Straßenbelages. Sie ist extrem gewunden, hat kaum Verkehr und wird immer noch gepflegt. Wir können dies daran erkennen, dass zwar hin und wieder verschüchtert ein paar Grashalme zwischen dem Kopfsteinpflaster sprießt, aber es gibt keine Spurrillen und immer wieder Stellen, wo offensichtlich das Kopfsteinpflaster frisch verlegt wurde. Mara und ich sind ein eingespieltes Team und während ich eine Spitzkehre nach der anderen bewältige, sagt sie mir den Gegenverkehr hinter der nächsten Kehre an und sie hat ein WOW-Erlebnis nach dem anderen.

Oben auf der Passhöhe bleiben wir dann für ein paar Fotos stehen und können etwas skurriles sehen: Eine Mariachi-Band, im schwarzen Abendanzug, die Westernmusik spielt 😊 Wir sind in der SCHWEIZ wohlgemerkt!

Als wir weiterfahren können wir auch noch weiter der alten Passstraße folgen, ich wusste gar nicht, dass dies geht, und begegnen tatsächlich einer alten Postkutsche. So richtig vollständig mit Kutscher in Uniform, Pferden und allem Drum und Dran.

Unten in HOSPENTAL biegen wir nach links hinauf zum FURKAPASS ab. Dies war eine Wunschstrecke von Mara, weil sie den Ausblick vom RHONEGLETSCHER hinüber zum GRIMSELPASS genießen will. Wir bleiben dort dann auch stehen und genießen diesen unvergleichlichen Anblick. Leider können wir auch sehen, dass viel Wasser von RHONEGLETSCHER runterfließt. Den Gletscher selbst kann man vom Rhonegletscherblick leider schon lange nicht mehr sehen. Der Klimawandel hat uns voll im Griff.

Es wird Zeit für eine kleine Mahlzeit und einen Mittagskaffee. Genauso langsam wie bisher, lassen wir uns vom FURKAPASS runterrollen und tuckern dann langsam den GRIMSELPASS wieder hinauf. Oben machen wir dann am „Hotel Grimsel Passhöhe“ halt, essen eine Kleinigkeit und trinken unsere zumindest für mich schon dringend nötige Ladung Koffein.

Eine kurze Nachfrage beim Personal ergibt, dass die OBERAARER PANORAMASTRASSE immer für 10 Minuten nach der vollen Stunde in Richtung Talgrund geöffnet ist und für 10 Minuten nach der halben Stunde dann in der Gegenrichtung. Mit anderen Worten: in 4 Minuten springt die Ampel für uns auf Grün. Also schnell bezahlen, rauf auf die SOL und dorthin. Vor der Ampel hat sich mittlerweile ein veritabler Stau gebildet mit einer ganzen Menge von Wohnmobilen. Ich kann sehen, dass ganz vorne ein Motorradfahrer steht, neben dem noch Platz ist. Ich schwindle mich ergo an der stehenden Kolonne vorbei und kaum sind wir an der Ampel schaltet diese auch schon auf Grün und wir dürfen als einer der Ersten und unbehindert durch Wohnmobile diese Panoramastraße genießen. Diese Straße ist wirklich eng, steil, gewunden und hat unfassbar schöne Ausblicke auf die umgebenden Berge.

Deutlich kann man an den Bergen sehen, bis wohin einst in der Eiszeit die Gletscher aufragten. Mara ist beinahe sprachlos vor all dieser Schönheit in der rauen Höhe des Gebirges. Es ist wieder einmal ein WOW-Erlebnis für sie. Ganz hinten im Tal gibt es einen Stausee aber dort hinunter führen ein paar Spitzkehren und ich bin schon von der heutigen Tagesfahrt und auch vom gesamten Urlaub schon erschöpft. So bleiben wir auf einem Parkplatz unmittelbar vor der Ampel stehen, machen ein paar Fotos, genießen die monumentale Aussicht auf die umgebenden schroffen Berge und fahren dann wieder zurück.

Es geht runter vom GRIMSELPASS und dann habe ich noch einen letzten Trumpf in der Tasche: An einer Stelle der Passstraße wurde eine Engstelle an einer tiefen Schlucht durch einen Tunnel umgangen. Dieser Teil der alten Passstraße ist aber immer noch offen und kann vorsichtig befahren werden. Wir genießen es dieses kurze Straßenstück zu befahren, anstatt durch den langweiligen Tunnel zu fahren.

Am Ende der Passstraße liegt INNERTKIRCHEN wo wir auf Anhieb das Hotel „Alpenrose“ finden. Wir beziehen ein Zimmer im 1. Stock und duschen uns erstmal. Da es erst kurz nach 18:00 ist überlegen wir bei einem Eis, was wir in diesem kleinen Dorf für den Rest des Tages machen könnten, und kommen auf die Idee, rauf zum SUSTENPASS zu fahren, um dort den Sonnenuntergang zu genießen. Der Wirt meint, es wären nur 22 Kilometer, also wieder rein in unsere Motorradjacken und rauf auf den SUSTENPASS. Es gibt eine Spitzkehre mit Parkplatz mit einem sehr schönen Blick ins Tal und ein paar Tunnels, durch die die Passstraße führt. Dort bleiben wir stehen und ich führe Mara zum Aussichtspunkt. Sie hat dabei geschlossene Augen. Leider wirkt der Anblick nicht mehr so weil wegen der schon sehr tief stehenden Sonne bereits vieles im Schatten liegend nur noch schemenhaft zu erkennen ist.

Wir fahren dann hoch bis zum „Berggasthaus Sustenpass Hospiz“. Dort endet die ausgebaute Straße und ich kann Mara die uralte Fortsetzung, den nach wie vor existierenden Saumpfad ins Tal zeigen. Heute wird er wieder von Wanderern und Mountainbikern benutzt.

Als wir zufahren, macht gerade ein anderer Biker Platz, damit wir unser Bike gut abstellen können. Hinter dem Hospiz geht eine Schotterstraße weiter und verschwindet hinter einem Hügel. Wir folgen der Straße und kommen zum Ende dieser Sackgasse, wo wir in der beginnenden Dämmerung einen Ausblick auf den STEINGLETSCHER haben.

Dort können wir sehen, dass es ebene Schotteranschüttungen gibt, welche für als Abstellplätze für Wohnmobile dienen und die auch fleißig genutzt werden. Wir lassen uns dann wieder zum Hotel runterrollen und sind pünktlich vor 21:00 Uhr ins Restaurant um ein Abendessen zu konsumieren. Um 21:00 Uhr schließt nämlich die Küche. Zu essen gabs köstliche riesige Hamburger. Der Koch meinte, dass er um diese Uhrzeit nichts anderes mehr hat. Uns wars recht und hat uns auch geschmeckt.

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