
Tag 11 – Ausflug zum Canal du Midi
Schilderung Atlan
Letzte Nacht haben wir so extrem entspannt geschlafen wie ein Baby.
Heute war uns die Sonne gnädig, denn die Tageshöchsttemperatur lag bei „nur“ 34 Grad.
Um zur morgendlichen Dosis Koffein zu kommen, spazieren wir in den benachbarten Campingplatz und konsumieren dort Kaffee und diverse französische, süße Köstlichkeiten, wodurch ich die Möglichkeit habe, geistig langsam aus dem BIOS-Mode in den operativen Modus zu gelangen.
Am Programm für heute steht der CANAL DU MIDI. Um nicht in der Hitze im eigenen Schweiß zu verkochen, verzichten wir heute auf Motorradhosen. Die SOL ohne Gepäck und nur mit Mara hinten drauf fährt sich sehr viel agiler.
Der CANAL DU MIDI wurde mit politischer Unterstützung des franz. Königs durch den franz. Ingenieur Pierre-Paul Riquet in nur 14 Jahren durch bis zu 12000 Frauen und Männern ohne Maschinen gebaut und ging 1681 in Betrieb. Heute würden allein die juristischen Klärungen länger dauern. Der CANAL DU MIDI verbindet mittels einer künstlich gegrabenen Wasserstraße und einigen Flüssen das Mittelmeer mit dem Atlantik. Er ist heute Weltkulturerbe und noch immer in Betrieb. Heute wird er allerdings nicht mehr zum Warentransport verwendet, sondern ist eine touristische Attraktion, bei der man mit gemieteten Hausbooten gemächlich und sehr entspannt das Land durchqueren kann. Das möchte ich auch einmal machen.

Unser erstes Ziel ist bei BEZIER die Schleusentreppe von FONSERANES. In praller Sonne finden wir mit etwas Suchen den Parkplatz zu dieser Attraktion. Der Besuch der Schleusentreppe ist gratis, aber irgendwo muss man ja sein Fahrzeug abstellen. Der Parkplatz ist kostenpflichtig und es wird kein Unterschied zw. Autos und Motorrädern gemacht. Nach einem ausgiebigen Schluck aus unseren Thermosflaschen gehen wir einen kurzen Weg hinauf zum oberen Ende der Schleusentreppe. Das sind ca. 500 Meter. Die Schleusen sind noch immer in Betrieb und wir können sehen wir einzelne Schiffe oder Gruppen davon langsam von einer in die nächste Schleuse fahren. Mara erzählt mir dann folgende Geschichte: Sie ist selbst vor Jahren mit einem Hausboot am unteren Ende der Schleusentreppe gestanden, als der Betrieb aufgrund der fortgeschrittenen Stunde eingestellt wurde. Am nächsten Tag war sie dann die Erste und konnte die gesamte Schleusentreppe von unten überblicken.

Insges. gibt es auf der gesamten Länge des Kanals ca. 360 Schleusen in 92 Schleusengruppen. Wir gehen dann langsam den Hügel hinunter und machen viele Fotos. Dann gehen wir den Weg wieder zurück und fahren mit der SOL weiter zur nächsten ingenieurtechnischen Meisterleistung des 17. Jhdt.: der Tunnel von MALPAS.

Nahe der kleinen Ortschaft von MALPAS war den Kanalbauern ein Hügel im Weg. Statt viele Schleusen zu errichten, entschied man sich für einen radikale Lösung: Man baute einen Tunnel durch den weichen Sandstein für die Schiffe. Wir konnten sogar Hausboote sehen, welche langsam durch den Tunnel tuckerten. Es gibt einen Wartungssteg, mit welchen man auch als Fußgeher den Tunnel durchqueren kann.

Auf dem Weg zurück zum Campingplatz besuchten wir dann noch in BEZIER die Brücke über den Fluss Orb. Um ein gleichmäßiges Niveau des Kanals zu ermöglichen, musste in BEZIER irgendwie der Fluss ORB überquert werden. Hier gibt es aber einen erheblichen Niveauunterschied. Das Problem wurde gelöst, indem man eine Brücke über den Fluss baute, über welchen nicht Fußgänger oder Pferdefuhrwerke fahren sollten, sondern Schiffe im Wasser.

Eine wirklich bemerkenswerte Leistung und Lösung. In späteren Jahren wurden am Kanal noch eine ganze Reihe von Änderungen und Ergänzungen durchgeführt aber im Wesentlichen ist er seit 340 Jahren gleichgeblieben. In letzter Zeit macht allerdings ein eingeschleppter Pilz den Kanalerhaltern Kopfzerbrechen, der die Platanen, welche die Ufer des Kanals stabil halten, absterben lässt. Während wir oben auf der Kanalbrücke stehen und das Bauwerk bewundern können bemerken wir ein junges Pärchen am Ufer des ORB im Schatten der Bäume. Die sind so hochgradig verliebt, dass ich mich wundere, ob sie überhaupt etwas von der Umgebung mitkriegen. Sie sind so eng umschlungen und schmusen derart intensiv, dass ich mir denke „Jetzt geht doch endlich ins Bett miteinander!“.
Auf dem Weg zurück zum Campingplatz machen wir dann noch an einem Kaffeehaus halt, an welches sich Mara erinnern kann. Dort direkt am Kanal trinken wir einen Kaffee, den ich schon dringend nötig habe und suchen eine Süßspeise, welche früher hier serviert wurde. Die steht aber leider nicht mehr auf der Speisekarte. Mara ist etwas enttäuscht, da dies etwas sehr Besonderes sein soll. Ich dränge daraufhin Mara danach zu fragen und siehe da: Die Serviererin kennt das und sorgt dafür, dass wir etwas bekommen, was gar nicht mehr offiziell verkauft wird: Iles flottantes
Es ist nichts mehr als eine kleine Baisermasse, im Milch pochiert und auf einer Creme anglaise (Vanille Sauce) serviert. Es ist eigentlich keine richtige Baisermasse, weil der Zucker nur da ist, um das Eischnee festzuhalten. Die Inseln sind also nicht soooo süß. Dafür ist die leckere „Crème anglaise“ da.

Später dann, zurück am Campingplatz sehen wir ein Gewitter aufziehen und bringen alle unsere Habseeligkeiten in Sicherheit, doch außer ein paar Tropfen bekommen wir nichts davon ab. Also richten wir unser Abendessen her und beginnen zu essen. Wiederum werden wir von einem Ausläufer des Gewitters gestreift, aber das ist uns jetzt egal – wir haben Hunger und die paar Tropfen machen uns nichts aus. Später kommt sogar noch eine 3. Welle, welche ebenfalls nur harmlos ist. Danach packen wir was möglich ist, um die rasche Abreise am nächsten Tag vorzubereiten.
Im Abendlicht gehen wir dann am Strand spazieren, baden ein letztes Mal im Meer und setzen uns ein letztes Mal auf diesen angeschwemmten Baumstamm um das Meer zu betrachten. Das Licht der untergehenden Sonne reflektierte sich in jeder Welle des Ozeans und färbte das Wasser Golden. Es war, als würde man ein erfrischendes Bad in flüssigem Gold nehmen. Ein absolut unglaubliches Bild. Gemäß unserem Reiseplan werden wir zumindest auf dieser Reise dem Mittelmeer niemals mehr so nahe sein. Wir gehen dabei Arm in Arm und im Gleichschritt so innig, dass eine andere Camperin uns nachruft, wird würden während des Gehens Rumba tanzen. Was für ein schöner Vergleich.

