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Tag 9 – Fahrt von MILLAU ans Mittelmeer

Schilderung Atlan

Da wir uns gestern in Punkto „Packen“ so gut es ging vorbereitet haben ging es heute sehr schnell: Maras Handy läutet pünktlich um 07:00 Uhr. Dann ins Badezimmer und WC, teilweise anziehen und Frühstück. Mara, wie immer, eine volle Mahlzeit, ich lasse mich genussvoll mitreißen. Dann beginne ich Stück für Stück hinauszutragen und aufzuladen.

So passiert das eigentlich jeden Tag. Manchmal hilft mir Mara noch ein wenig, sofern sie nicht anderwärtig beschäftigt ist. So braucht es z.B. eine Weile wenn sie statt Brillen Kontaktlinsen tragen will um die Kontaktlinsen einzulegen. Wir sind jedenfalls ein gut eingespieltes Team was dazu führt, dass später während unseres Urlaubs die gesamte Abreiseprozedur weniger als 2 Stunden dauert inkl. ausgiebigem Frühstück.

Auch am Abend hat sich mittlerweile eine Routine eingespielt: Ich nehme die Helmfunkgeräte ab und lade sie auf, genauso wie mein Handy – manchmal auch Maras Handy. Ebenfalls meine Aufgabe ist es, mich um die Getränke des nächsten Tages zu kümmern: Anfangs 50:50, später 30:70 (Fruchtsaft : Mineralwasser) werden die Alu-Flaschen mit Fruchtsaft und Mineralwasser befüllt. Ich mag da ein wenig Fruchtsaft drinnen haben, weil mir das während der Fahrt dann immer einen kurzzeitigen Kick gibt, Mara mags nicht ganz so süß: also 30:70. Später mag es ich dann auch nicht mehr so süß außerdem schmecke ich, dass die Fruchtsaft-Mineralwasser-Mischung trotz Kohlensäure über den Tag etwas zu gären beginnt. Es gibt dann einen leichten bitteren und schalen Nachgeschmack. Jeweils 1 Alu-Thermosflasche wird links und rechts des Topcase befestigt, 2 an Maras Koffer. An meinem Koffer kommt dann noch eine 1,25 bis 1,5 Liter-Flasche – je nachdem, was verfügbar ist. Die wärmt sich in der Sonne immer rasch auf weshalb sie auch immer als erstes geleert wird. Beim Abladen des Gepäcks will ich jedenfalls immer die schweren Stücke tragen. Ich bin ein Mann und deshalb in Punkto Körperkraft von Natur aus bevorzugt. Es kann schon sein, dass Mara fit genug ist ihren Koffer zu tragen – aber es ist sicherlich anstrengender für sie als für mich und es gibt genug leichtere Gepäckstücke zu tragen. Mara, ganz im Geiste von „Selbst ist die Frau“ sieht das nicht ganz so was später in BIOT zu einer geharnischten Beschwerde/Ermahnung von meiner Seite führt.

In der Nacht hatte es etwas geregnet und jetzt trocknen die Straßen auf. Es hat nur angenehme 21 Grad. Wir nehmen fahren wieder in die GORGES DU TARN und folgen ihr bis nach FLORAC. Die Fahrt entlang dieser gewundenen, engen Straße gehört sicherlich zu den schönsten Abschnitten unserer Reise.

In FLORAC ist es wieder einmal Zeit für einen Vormittagskaffee. Wir haben Glück, finden einen Parkplatz in Sichtweite eines leeren Kaffeehaustisches unter Kastanienbäumen. Es ist viel los in diesem Ort und ich kann bemerken, dass wir mit unserem schwer beladenen Motorrad bei unserer Ankunft viele verstohlene Blicke auf uns ziehen. Während eines Kaffees werfen wir einen Blick auf die Straßenkarte und suchen dann bei der Weiterfahrt den Einstieg in die CORNICHE DE CEVENNEN. Diese Straße ist wegen ihrer malerischen Aussichten Insidern wohlbekannt und wurde unter LOUIS XIV zu militärischen Zwecken angelegt. Der Anfang dieser Route ist sogar mit einem Schild gekennzeichnet. Anfangs geht es rauf auf mehr als 1000 Meter und die gewundene Straße ist genau jenes Gustostückerl, welches ich mir erhofft hatte. Wir bleiben an einem Aussichtspunkt stehen und treffen dort eine Motorradfahrergruppe auf KTM-Bikes, welche aus Belgien sind und sich hier in der Gegend eine Unterkunft genommen haben und alle interessanten Straßen abzufahren.

Leider viel zu schnell ist diese malerische Panoramastraße zu Ende und wir sind in ST. JEAN DU GARD. Wir beschließen weiter auf kurvigen Nebenstraßen zu bleiben und fahren weiter Richtung ST. HIPPOLYTE DU FORT. Dort müssen wir uns erstmal orientieren, wie es weitergeht. Es ist mittlerweile früher Nachmittag und wir haben Hunger und Durst. In einer Tiefebene vor dem Ort GANGES finden wir einen geeigneten Platz für einen ausgiebige Brotzeit.  Danach geht es über den Kamm einer Hügelkette hinunter nach MONTPELIER. Die letzten paar Dutzend Kilometer sind eine Schnellstraße, welche wir rasch hinter uns bringen. Den dadurch erreichen Zeitvorteil verbrauchen wir allerdings rasch in MONTPELIER. Die Fahrweise der Franzosen ist wirklich „entspannt“. In der Hitze des Nachmittages in Motorradkleidung im Stop-and-Go-Verkehr mit 5 – 10 km/h durch eine Stadt zu zockeln ist eine Qual. Es ist beinahe unmöglich mit einem so schwer beladenen Motorrad so niedrige Geschwindigkeiten zu fahren. Im WHATSAPP-Blog, den ich führe, beschreibe ich die Situation folgendermaßen

<Zitat>

Dont hurry. In case of any doubt: Slow down. Slow down even if there is no doubtful situation. Even if the world would end: slow down.

Getting French citizenship:

  • Knowing how to use a condom
  • Singing the Marceillaise
  • Knowing how to brake

French cars have a driver seat just because its more comfortable to sit while doing the brake. French cars normally have just the first gear. Additional gears need extra money not everyone is willing to pay. Passing by MONTPELIER needed me nearly 2 hours. I had the impression I walked the bike – but don’t worry: have a break and do the brake. Temperature is climbing up to 38 degrees and the sky cleared up

</Zitat>

Ich muss zugeben, dass ich am Ende schon ziemlich unentspannt war aufgrund dieser zögerlichen Fahrweise. Das erschöpft mich sehr. Als wir aus der Stadt draußen sind, brauchen wir beide erstmal eine Pause. Im Schatten eines Baumes der Zufahrt zu einem Campingplatz steigen wir ab und versuchen und zu erholen. Glückicherweise geht ein leichter Wind, der etwas Kühlung bringt.

Danach geht es zum Endspurt: Mara will an einem bestimmten FKK-Strand zelten. Wir hatten uns diesen Strand vorab im Internet angesehen. Leider konnten wir keinen Platz im Voraus buchen. Wir bleiben vor der Einfahrt zu diesem Campingplatz stehen und dann verlässt mich die Konzentration: Wir fallen einfach auf der Stelle um. SCH….

Die SOL ist schnell wieder aufgestellt und auch sofort herbeigeeilte Passanten helfen uns dabei. Mein Motorradfahrerherz blutet aber, mein Stolz ist angeknackst, mein Selbstbewusstsein geknickt und Mara hat sich am Handgelenk eine leichte Prellung mit Schwellung und blauen Fleck zugezogen.

Ein Unglück kommt selten allein: Es kommt, wie es kommen muss: Der Campingplatz ist ausgebucht. Was tun? Jetzt ist guter Rat teuer! Mara beginnt am Handy nach anderen Campingplätzen zu suchen und ich beginne all diese Telefonnummern anzurufen – alle ausgebucht. Nur ein Campingplatz hätte noch genau einen Platz frei – genau neben der Veranstaltungsbühne wo jeden Abend bis nach Mitternacht lautes Partytreiben herrscht. Nein Danke! Unruhe kommt in uns auf. Schließlich erreichen wir eine Frau am Telefon, welche offensichtlich nur gebrochen Englisch kann und meint, dass bei ihr noch ein Platz frei wäre. Der Campingplatz „Camping G.C.U. Kabylie“ wäre lt. Navi nur 13 Km entfernt. Ich frage zur Sicherheit nochmals nach – Ja, es wäre noch ein Platz frei. Noch immer hellwach vom Adrenalin des Schrecks vom Umfaller steigen wir aufs Bike und rollen dem Campingplatz entgegen. Das Navi will uns dabei auf Feldwege leiten, was ich verweigere. Wir kommen an ein offenes Gatter, fahren hinein und steigen ab. Im Empfangshäuschen sitzen aber andere Personen als die Frau, mit welcher wir gesprochen haben und die wissen von nichts. Große Augen als wir ankommen. Es kommt zu einer kurzen Diskussion, die damit endet, dass ich dem wortführenden Mann die Anrufliste meines Handys zeige, um zu beweisen, dass wir angerufen und ein OK bekommen hätten. Es stellt sich heraus, dass dieser Campingplatz keine Normaler ist. Es ist das Eigentum eines Vereins in welchem nur franz. Lehrer Mitglied sind und eigentlich auch nur Mitglieder campen dürfen. Es gibt aber auch Übernachtungspreise für Nicht-Mitglieder. Die sind aber 3 x so hoch. Es ist uns egal. Schulterzucken bei dem Mann. Mittlerweile hat sich eine ganze Gruppe von Menschen angesammelt, welche alle bei der Problembewältigung helfen wollen. Dieser Verein hat offensichtlich nur wenig bis gar kein Personal. Alles wird gemeinschaftlich erledigt. Auch Aufräum- und Putzarbeiten. Wir bekommen folgenden „Dienst“ aufgebrummt: Wir sollen am nächsten Tag um 16:00 UHR den Boden einer der Häuser für der Gemeinschaftsduschen / WC säubern. Einverstanden. Wir sind von der Fahrt und der Hitze viel zu erschöpft um uns noch einen anderen Campingplatz zu suchen und willigen widerspruchslos ein. Mara wird gezeigt, wo das Haus steht. Mich erinnert das irgendwie belustigt an meine Grundwehrdienstzeit beim Bundesheer.

Während Mara dann die letzten Formalitäten erledigt, suche ich einen geeigneten Platz und finde einen idealen Zeltplatz. Da steht zwar noch das Auto des Zeltes vom Nebenplatz, aber der fährt rasch weg und wir haben einen perfekten Zeltplatz im Schatten eines großen Baumes gefunden. Rasch wir abgeladen, Zelt aufgebaut, ISO-Matten aufgeblasen, Campingsessel aufgeklappt, Campingtisch aufgebaut usw. usf.. Das Zelt hat 2 Eingänge und das Vorzelt auf der Seite, welche wir nicht benutzen, nutzen wir um unsere Motorradklamotten, Helme, Stiefel, Sturzbügeltaschen usw. zu lagern. Am frühen Abend sind wir fertig und können einen Rundgang machen und das Mittelmeer zum ersten mal sehen. Unser Nachbar sieht mich, und anstatt von Grussworten spendiert er uns mit den Worten „You look terrible – want a beer?“ sofort eine Flasche Bier keine 30 Sekunden nachdem wir angekommen sind. Mara lehnt dankend ab – ich nehme freudig an. Die Nachbarn sind außerordentlich freundlich und stellen uns sogar eine Steckdose zur Verfügung. Somit kann ich mittels des mitgenommenen 10m-Verlängerungskabels jederzeit unsere Handys und anderes Kleingerät aufladen. Sie stellen uns sogar einen Platz in ihrem Kühlschrank zur Verfügung wo wie unseren Käse zwischenlagern können – überaus großzügig. Wir bedanken uns dafür mit einer Packung MANNER-Schnitten. Diese Leute sind wirklich lieb: Es ist eine junge Familie aus Paris mit einem 3 Monate alten Säugling in Begleitung der Großeltern, die öfters die Betreuung der Tochter übernehmen.

Beim Aufstellen des Zelts entdeckt Mara sogar noch ein paar nützliche Features des Zelts, welche ich selbst noch gar nicht kannte.

Der heutige Tag war aufgrund der Hitze und der Dahinzockelei so anstrengend, dass wir kaum Fotos gemacht haben.

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