2022,  2022-Tourentagebuch Frankreich-Tour,  Motorrad-Touren,  WIEN bis MILLAU

Tag 3 – Unglücklicher Start in den Morgen, Baden im Atlantik

Schilderung Atlan

Der heutige Tag startet schon mal suboptimal: Mein Rasierapparat hat den Geist aufgegeben und lässt sich nicht mehr aufladen. Offenbar ist der Akku kaputt. Ich werde in den nächsten Tag noch mehrfach versuchen den Rasierer aufzuladen aber mein erster Verdacht „kaputt“ bestätigt sich leider. Leider sind die Rasierapparate von BRAUN so konstruiert, dass sie mit angestecktem Ladekabel überhaupt nicht funktionieren – auch dann nicht, wenn das Gerät selbst vollständig in Ordnung ist. Für mich ist offensichtlich, dass die Fa. BRAUN hier eine versteckte Hürde eingebaut hat, Benutzer ihrer Geräte hin und wieder dazu zu zwingen sich einen neuen Rasierapparat kaufen zu müssen. Rasierapparate sind eigentlich recht zuverlässige Geräte und wenn man sie am Stromkabel betreiben könnte, bräuchte man bestenfalls alle 20 Jahre einen neuen Apparat (abgesehen vom Wechsel des Scherkopfes)) – so eben alle 3 – 5 Jahre.

Doch die Frustrationen gehen weiter. Nach einem Frühstück im Freien, nur gestört durch ein paar übereifrige Wespen, beschließen wir heute zur „DUNE DE PILAT“ zu fahren. Das ist die höchste Sanddüne EUROPASs und sie liegt direkt am Meer. Baden im Meer ist also inbegriffen. Wir leeren also das Topcase aus, um nur die Badesachen hineinzugeben und etwas Verpflegung und viele Getränke. Am Nachmittag zeigt der Bordthermometer dann unsägliche 40 Grad an. Aus Sicherheitsgründen habe ich immer ein externes Starterpack mit dabei, um bei einem Versagen der Batterie trotzdem das Motorrad starten zu können. Das war schon in meiner Motorradkarriere mehrfach sehr hilfreich. Die Batterie ist aber gerade mal 1 Jahr alt und es ist eine Markenbatterie. Ergo wird auch dieses Teil im Hotel gelassen. Schwerer Fehler!

Wir laden also alles ein machen uns dann auf zur nächsten Tankstelle (nur 3 km entfernt). Dort brennt mittlerweile die Sonne unbarmherzig herunter und wir füllen den fast leeren Tank voll.

Erklärung: Jeder Tank hat einen Überlauf-/Entlüftungbereich. Wenn ein Motorrad in einem geschlossenen Fahrzeug transportiert werden würde, bestünde die Gefahr, dass über diesen Überlaufstutzen Benzin ins Freie entweicht. Wenn ein LKW so 20 Motorräder transportiert, würde das einen infernalischen Benzingestank im Laderaum verursachen, Explosionsgefahr und die Gefahr einer Gasvergiftung, wenn der Fahrer dann in den Laderaum hineinmuss, um einige Motorräder abzuladen. Ergo müssen alle Motorräder mit beinahe leerem Tank transportiert werden. Ich hatte noch geschätzte 3 Liter oder weniger im Tank (Tankvolumen 30 Liter).

Unser erster Weg führt uns ergo zu einer Tankstelle. Dort tanken wir und dann: Motor startet nicht mehr. Mir ist sofort klar was los ist: Die vielen Starteralarme, welche ich vom GPS-Device erhalten hatte, waren keine Fehlfunktionen des Geräts – diese Startvorgänge haben tatsächlich stattgefunden und damit die Batterie vollständig erschöpft. Kein Problem – ich habe ja einen extra Starter-Akku – der ausnahmsweise nicht im Topcase sondern im Hotelzimmer ist – SCH…

Ich muss also den Tankwart bitten mir ein Taxi zu rufen. Das überfordert den armen Kerl etwas, was dazu führt, dass das Taxi erst nach 45 min eintrifft. Dann folgen gerade mal 3 Minuten Fahrt zum Hotel und während das Taxi unten vor dem Eingang und Mara unter einem Baum an der Tankstelle auf mich wartet, sprinte ich hinauf ins Zimmer und hole das Starterakku. Bei überlauter Popmusik fährt der Fahrer mit mir los, vergisst, dass er mich zur Tankstelle bringen soll und fährt „irgendwohin“. Mittendrin versuche ich zu ergründen, warum der Taxometer gerade beinahe 50 EUR anzeigt, kann aber von dem Mann, der kein Englisch spricht, keinen zweckdienlichen Hinweis erhalten. Irgendwann fragt er mich dann, wohin ich gebracht werden will (mitten während der Fahrt, Fahrziel habe ich klarerweise schon bei Beginn der Fahrt bekanntgegeben). Er erkennt, dass er auf dem völlig falschen Weg ist, dreht um und nach 45 Minuten kommen wir tatsächlich zur Tankstelle zurück. Er hat mittlerweile den Taxometer stillgelegt, der bereits 52 EUR anzeigt und verlangt großzügig „nur“ 50 EUR! Missmutig zahle ich den Betrag – Es ist die teuerste Taxifahrt meines Lebens.

Ich muss nur noch mit dem Bordwerkzeug die Batterie freilegen und mit Starterpack startet der Motor sofort. Mara meint noch ich solle den Motor auf keinen Fall wieder abstellen. In der Hitze im Schatten in Motorradklamotten zu warten war sicherlich kein Honigschlecken.

Die Serie der Pannen hat damit aber noch kein Ende: Auf dem Weg zur Küste sehen wir immer wieder Meldungen über die „DUNE DE PILAT“ auf Überkopfanzeigen, können aber mangels Französischkenntnissen nicht erkennen, was sie bedeuten. Ca. 10 km vor der Düne sehen wir dann in Rot eine Meldung, in der wir 3 Worte übersetzen können „DUNE DE PILAT“, „Feu“ und „interdid“. Aha: Der Zugang zur Düne ist also wegen des Waldbrandes untersagt.

Zwischendurch machen wir an einem Geschäft halt und munitionieren uns mit größeren Mengen an Mineralwasser und Fruchtsaft auf. Ich schätze unseren persönlichen Flüssigkeitsverbrauch zu diesem Zeitpunkt auf 0,75 Liter pro Stunde. Der Bordthermometer zeigt 40 Grad an! Die SOL ist übrigens ohne Probleme gestartet und hat auch sonst während unserer Reise niemals mehr irgendwelche Zicken gezeigt.

Wenn wir die Düne schon nicht besuchen können, wollen wir sie wenigstens vom gegenüberliegenden mehrere Kilometer entfernten Ufer des CAP FERRAT sehen und beschließen dorthin zu fahren. Die Fahrerei der Franzosen macht mir langsam zu schaffen. Diese ist „sehr entspannt“. Liegt es an der Hitze, an deren Fahrverhalten oder an meiner wachsenden Frustration: Dieses Dahinschleichen mit 65 km/h auf offener breiter, gerade Landstraße und das Abbremsen vor Kreisverkehren, auch wenn es keinen ersichtlichen Grund dafür gibt, nervt mich enorm. FRANKREICH hat offenbar ein Faible für große Kreisverkehre entwickelt. Im Laufe unserer Reise werden wir mehrspurige Kreisverkehre sehen mit Durchmessern von 100 Meter und mehr. Auch Kreisverkehre ohne Kreuzung mussten wir passieren. Mir hat sich irgendwie der Sinn dessen nicht erschlossen. Auch wenn der Kreisverkehr ganz offensichtlich völlig leer sind: franz. Autofahrer bremsen sich bis zum Beinahestillstand ein um dann langsam in den Kreisverkehr einzufahren . WARUM NUR? WARUM????

Später in CHAMONIX konnte ich beobachten, dass der Verkehr dadurch so langsam wurde, dass dem Autofahrer vor mir dadurch mehrfach der Motor abgestorben ist. Der Fahrer hat durch Langsamfahren den Motor einfach abgewürgt. Er startete wieder und niemand bemerkte es – es ging ja ohnehin nichts weiter, denn das Auto vor ihm war ja auch nicht schneller. Mich beschlich die Vermutung, dass in allen in FRANKREICH verkauften Autos per default nur der 1. Gang eingebaut war und höhere Gänge nur per Aufpreis verfügbar waren. Einen Aufpreis, welchen nicht jeder bereit war zu zahlen. Das Positive für alle Fußgänger ist halt, dass sie, ohne zu zögern, überall die Fahrbahn betreten oder überqueren konnten.

Nach weiteren 40 Minuten erreichten wir schließlich das Ende der Straße am CAP FERRAT, stellten die SOL ab und flüchteten uns in den Schatten eines Kaffeehauses dort, um erstmal einen Nachmittagskaffe zu trinken und ein Eis zu essen. Danach kommt eine kleine Wanderung: Wir gehen einem langen Zaun entlang und können schließlich den offenen Bereich des Strandes erreichen.

Der Strand ist feiner Sand und mehrere 100 Meter breit. In der prallen Sonne ziehen wir unsere vor Schweiß pitschnassen Motorradklamotten aus, schmieren uns mit Sonnenschutzfaktor 50 ein und gehen in den ATLANTIK baden. Es herrscht im Wasser eine starke Strömung, vor der auch gewarnt wird und ich habe Angst um Mara. Das Wasser des ATLANTIKs ist viel wärmer als erwartet und sehr erfrischend. Wir plantschen eine Weile herum und genießen das Wasser, die Wellen und das Gefühl, dass nach all diesen Pleiten endlich die Entspannung angefangen hat.

Wir können ganz deutlich den Waldbrand sehen, dessen riesige Rauchwolke und 3 bis 4 Löschflugzeuge, welche in endlosen Zirkeln Wasser aus dem Meer aufnehmen und über dem Brandherd abladen.

Am späteren Nachmittag zogen wir uns wieder unsere Motorradklamotten an und gingen zurück. Für mich machte es keinen Sinn, dass wir beide den langen, anstrengenden Weg durch den Sand zurück zum Bike gehen würden. An einem Parkplatz lies ich Mara mit allem Bade-Gepäck zurück und marschierte in meiner Motorradhose + Motorradstiefel zur SOL zurück, um mit Motorrad Mara dann abzuholen. Das war eine Willensanstrengung in der Hitze von 40 Grad bei nur spärlich Schatten.

Zurück geht’s dann ohne Umweg bedeutend schneller und Mara zaubert ein formidables Menü aus franz. Brot, franz. Käse, franz. Wurst und franz. Wein ins Hotelzimmer. Hmmmmmm!!! Wir mussten den gesamten Inhalt der Weinflasche nutzen, um zu einem abschließenden Urteil über den Geschmack zu kommen 😊

Danach packen wir für Morgen da wir zeitig aufstehen wollen um die Gegend rund um BORDEAUX in Richtung LASCAUX zu verlassen.

So gegen 23:30 gabs dann ein kleines, langsames Erdbeben, dass nicht mehr aufhören wollte. Dauernd bewegte sich der Boden aber das Bett war nicht weit entfernt.

Heute hatte ich den Eindruck, dass irgendwo unsichtbar ein magischer Zwerg meine Frustrationsfähigkeit austesten wollte aber trotz allem hatten wir das für heute geplante Programm erfüllen können: SOL auftanken, im ATLANTIK baden und franz. Wein kosten 😊

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert