
Tag 5 – HELSINKI, TURKU und (k)eine Flasche Wein
Kleine Irrtümer können das Leben bereichern.
Atlan
Atlan schreibt
Wir haben uns einen Wecker gestellt, um rechtzeitig alle Vorbereitungen abschließen zu können. Es ist etwas mühsam vom Faulenzen wieder auf Aktivität umzuschalten. Unsere Tischnachbarn im Speisesaal sind ebenfalls Biker und wollen ebenfalls ans NORDKAP.

Pünktlich um 10:00 Uhr bricht hektische Aktivität aus. Das Tor zum Ladedeck wird geöffnet und alle wollen zu ihren Fahrzeugen. Zuerst muss die Vertäuung der Bikes gelöst werden und dann haben die Motorradfahrer das Privileg als erstes die Fähre verlassen zu dürfen. Wieder gibt es ein Auto, welches uns im Schneckentempo aus dem Schiff raus durch den Hafen ins Freie lotst. Diesmal hat das allerdings einen Grund: Es waren auch ein paar Radfahrer dabei, welche sich ordentlich abstrampeln mussten und ohne die Führung hätten wir den Ausgang aus diesem riesigen Hafengelände wohl länger nicht gefunden.
Knapp außerhalb des Hafens machen wir Pause und sortieren all unsere Habseligkeiten wieder an jenen Platz, wo sie wirklich gemäß Packordnung hingehören. Dann gehts hinein nach HELSINKI. Die Straßen sind auch im Zentrum meist mehrspurig. Etwas gewöhnungsbedürftig ist allerdings die generelle Geschwindigkeitsbeschränkung von 40 km/h. Wir halten uns sklavisch daran, denn es gibt viele Radaranlagen und die Strafen sind empfindlich. Erstaunlicherweise finden wir wenig sehenswerte Architektur. Dafür befindet sich im exakten Zentrum von HELSINKI ein wahrhaft gigantisches Shoppingzentrum mit 7 Stockwerken über der Erde und mindestes 2 Stockwerken Tiefgarage. Die Tiefgarage ist gebührenpflichtig. Wir wurden allerdings vorgewarnt: Finnen mögen kein Kleingeld. Wir bekommen kein Parkticket. An Parktickets gewöhnt gehe ich also zu einem Kasten, der aussieht, als bekäme man hier ein Parkticket, nur leider ist die Gebrauchsanweisung in finnisch.
Ich frage also einen anderen Autofahrer und bekomme erstaunliche Infos: Das Kennzeichen wird automatisch erkannt und gespeichert. Wenn man wieder raus will, muss man an dem kleinen Automaten das eigene Kennzeichen eingeben und per Bankomatkarte bezahlen. Der Schranken öffnet sich dann automatisch und man wird sogar verabschiedet mit „Auf Wiedersehen W-5UAA“.

Wir unternehmen einen Spaziergang runter zum Hafen und zu einer Kirche. Es ist schwül und heiß und ich werde etwas missmutig, denn ich bin mit meinen schweren Motorradstiefeln unterwegs. Damit einen Stadtspaziergang erschöpft uns, weshalb wir die Straßenbahn zur Rückkehr nehmen. Auch hier wird per Kreditkarte bezahlt. Etwas enttäuscht von HELSINKI beschließen wir keinen weiteren Tag hier zu verbringen und gleich nach TURKU weiterzufahren.


Mit 82 km/h tuckern wir per Tempomat langweilig auf der Autobahn Richtung TURKU. Bereits nach wenigen Kilometer wechseln wir auf die Bundesstraße, die Abwechslung verspricht. Tatsächlich ist diese Straße mehr oder weniger schnurgerade, mäandriert nur wenig, verläuft durch hügeliges Gelände und passiert alle Siedlungen und Dörfer. Praktisch gesehen ist das eine 180 km lange Ortsumfahrung. Wenn man irgendwo was einkaufen will oder tanken will, muss man abbiegen.

Wie mir schon geraten wurde: Alles ist hier in SKANDINAVIEN teurer als in ÖSTERREICH, aber man kanns auch billig haben, wenn man dort halt macht, wo auch die Lastwagenfahrer anhalten. So machen wir kurze Pause bei einer kleinen Bude und genießen einen Kebab. Wie so oft: Als wir ankommen, sind dort keine Gäste aber wie man sagt „Wo Tauben sind, fliegen Tauben zu“. Als wir wieder weiterfahren, haben sich schon einige andere eingefunden. Die Straße führt vorbei an vielen Bauernhöfen und ihren Feldern und durch viel Wald. Definitiv jedes Gehöft hat seine eigene Bushaltestelle.
Angekommen in TURKU suchen wir uns erstmal den Bahnhof und die Autoverladestelle. Der gesamte Bahnhof ist eine einzige Großbaustelle. Wir verpacken wieder einmal alles, was wir für eine Nacht im Schlafwagen brauchen in eine Tasche und Mara verbleibt im Bahnhofsgebäude. Ich fahre zum Autoverladeplatz und bald wird auch verladen. Als ich an der Reihe bin, blickt mich der Lademeister erstaunt an und fragt: „Are you sure, that you want to take this train?“ Etwas verwundert antworte ich mit großer Selbstverständlichkeit: „Yes, I am“. Der Lademeister wiederum „Are you really sure? I don’t have you on my list!“ Unruhe steigt in mir hoch. Es wird doch hoffentlich alles mit der Buchung gut gegangen sein. Der Lademeister telefoniert kurz und meint dann, dass unser Ticket erst für den nächsten Tag gebucht wäre. Nach kurzem Nachdenken meinerseits erinnere ich mich, dass wir diesen Tag ja in HELSINKI verbringen wollten. Dann wiederum planten wir um, korrigierten aber die Bahnfahrt nicht. Wir sind tatsächlich einen Tag zu früh dran. Der gute Mann versucht noch sein Bestes, aber leider gibt es im Waggon zum Fahrzeugtransport keinen Platz mehr. Der Schlafwagen wäre kein Problem meint er. Er fragt mich noch ob ich einverstanden wäre ab TAMPERE zu fahren – ja wäre ich – das wäre ja erst ab Mitternacht und das wäre zu schaffen, aber auch hier ist alles ausgebucht.
Also zurück zu Mara. Alles wieder zurück in unsere Boxen gemäß Beladeplan und dann buchen einer Unterkunft für diese Nacht. Wie sollte es auch anders sein: Die ist im 3. Stock und es gibt keinen Aufzug. Motorradreisen können auch eine Art von Ausdauer- und Krafttraining sein. 🙁
Als wir es uns in diese Unterkunft gemütlich gemacht haben, beschließen wir den Abend mit einem Glas Wein zu beschließen. Die Supermärkte haben hier bis 23:00 Uhr offen und da TURKU schon weit nördlich liegt ist es im Sommer auch sehr lange hell. Wir kaufen klarerweise nicht nur eine Flasche Rotwein, sondern auch ein paar andere Lebensmittel wobei wir feststellen müssen, dass es in FINNLAND keine Dosen mit Aufstrichen gibt. Mittlerweile ist es 21:30 Uhr und an der Kasse nimmt uns die vielleicht 17jährige Kassiererin mit Zahnspange den Wein mit den Worten „You are not allowed to buy this“ wieder weg. Begründung: Es ist in FINNLAND verboten Getränke mit mehr als 2,8% Alkohol zwischen 21:00 und 09:00 Uhr zu verkaufen. Wir kommen uns vor wie die minderjährigen Teenager und gehen nüchtern zu Bett.
Mara schreibt
Pünktlich legt unsere Fähre in HELSINKI an und wir können mit der SOL zügig von Bord fahren. Wie in TRAVEMÜNDE werden wir auch hier von einem Hafenfahrzeug eskortiert. Zwei Radfahrer an der Spitze der Kolonne der Motorräder.
Vor der Fahrt in die alte Hauptstadt machen wir noch einen Sightseeing-Marsch durch HELSINKI. Am Hafen ist ein großer Markt aufgebaut und wir finden unser Reisemaskottchen.

Das Navi führt uns raus aus der Stadt und wir wechseln bald von der Autobahn auf die Landstraße. Viele Seen, endlose Birken-Mischwälder, riesige Hafer-Felder, sanfte Hügel und grün in allen Schattierungen. Gemächlich cruisen wir nach TURKO/ÅBO, wo wir ausgiebig Zeit für die Besichtigung eingeplant haben, bevor wir dann abends den Autoreisezug nach ROVANIEMI nehmen werden.
Unser Plan stellt sich als Irrtum heraus: Unser Autoreisezg ist für morgen gebuucht. Kurzfristig organisere ich uns ein Quartier.
Unsere Unterkunft lädt zum Kochen ein und dazu wird ein Glas Rotwein 🍷🍷 wunderbar passen. Dummerweise nimmt die Dame an der Kassa uns den Wein wieder weg: Nach 21 Uhr darf kein Alkohol mit mehr als 2,8 Volumprozent im Supermarkt verkauft werden. Hmpf.
Das Essen schmeckt dennoch 😊


