
8. August – Rodeo am Maniva
Wir sind die ersten beim Frühstück heute, denn eine große Ausfahrt steht auf dem Programm: Atlan möchte mir den Passo Maniva zeigen, eine seiner Lieblingsstrecken. Seit Tagen schwärmt er mir davon bereits vor – eine alte Militärstraße, eng und steil und teilweise schottrig.
Bestens vorbereitet machen wir uns auf den Weg. Zuerst runter die malerische Brasaschlucht, auch Teufelsschlucht genannt. Ab 10 Uhr ist sie Einbahn hinauf, doch wir sind früh losgefahren, sodass wir sie runter fahren dürfen. In Gargnano füllen wir den Tank und dann geht es über den Berg in das schöne Valvestina-Tal und weiter über den Passo Rocco hinunter zum Lago d’Idra. Malerisch liegt der See in der Vormittagssonne vor uns und lädt zum Verweilen ein.

Nach der Stärkung am Ufer des Lago d’Idra führt der Weg weiter nach Anfo, wo gemäß Atlans Erinnerung die unscheinbar anmutende Abzweigung hinauf zur alten Militärstraße am Maniva führt.
Auf steiler und enger Straße führt der Weg erst auf den Passo del Baremone. Vermeintlich am Ende der Welt geht die Straße weiter durch den Wald und schraubt sich Kurve um Kurve über die Baumgrenze hinaus. Aus dem Asphalt ist Schotter geworden. Schotter aus großen spitzen Steinen. Meter für Meter dirigiert Atlan das Motorrad über die rumpelige Piste und mir eröffnet sich ein sensationelles Panorama: Weit über die Gipfel gefühlt bis Venedig scheint Italien vor mir ausgebreitet zu sein, während Atlan höchst konzentriert den Stein-Rodeo über den Maniva reitet.



Am Maniva-Pass – eine für Großraumbusse geeignete Passstraße führt hier herauf – gönnen wir uns eine Pause und einen Snack und dann folgt die nächste Etappe: Auf einer Schotterstraße rüber zum Passo di Croce Domini.

Atlan fährt gemächlich, um mir möglichst viel Zeit zum Schauen und Genießen zu gönnen. Das nutze ich aus. An einer Stelle haben Senner einen Wohnwagen als Unterschlupf stehen – wie immer sie es geschafft haben mögen, diesen hierher zu bringen! 🤔

Ein Motorradfahrer hat uns überholt und kurz vor Ende der Schotterpiste holen wir ihn wieder ein. Er war ausgerutscht und umgefallen, doch er ist unversehrt und legt die restliche Strecke mit sichtbarem Respekt zurück.
Die Talfahrt erfolgt auf asphaltierter Straße. An vielen Stellen sind die Folgen der letzten schweren Unwetter zu sehen: Entwurzelte Baumriesen neben der Straße und die Holzarbeiter der Gegend sind schwer beschäftigt: Riesige Stöße von sorgfältig gestapelten Baumstämmen allerorts.
Bei einer Trinkpause mit Blick auf den Lago d’Idro müssen wir das Fehlen einer Trinkflasche feststellen. Sie war festgezurrt und mit einem Karabiner gesichert. Die Riemchen sind lose und der Karabiner baumelt unversehrt an seiner Befestigung. Neuerdings sinnieren wir daher über absperrbare Flaschenhalterungen nach und darüber, wie wir unsere unversperrt mitgeführten Gegenstände vor Entwendung sichern können.

Zum Abschluss reizt es Atlan noch einen kleinen Umweg zu machen und auf den Passo Tremalzo zu fahren. In der Lombardei ist er nur zu Fuß erreichbar, im Trentino führt eine gut ausgebaute Straße bis hinauf zum Rifugio Garda mit wunderschöner Aussicht.
Erschöpft von der langen und anstrengenden Tour kommen wir bei unserem Lieblingshotel an und richten nach dem Abendessen noch alles für die morgige Weiterreise her.
